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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

präsentation, wenn er dasselbe für nachtheilig hält, dadurch unwirksam zu<br />

machen, daß er die Versammlung auflöst und eine neue beruft, der er das<br />

von der vorigen verworfene Gesetz von neuem vorlegt. 1064 […]<br />

Allein welches Hülfsmittel hat die Nation gegen das Veto des Monarchen,<br />

falls dieses kein suspensives, sondern ein unbedingt absolutes ist? – Hier ist<br />

also die Ungleichheit der Gewichte in der Wagschale der Gewalten, die eine<br />

Abhülfe in der Verfassung erfordert, wenn die Erhaltung eines gewissen<br />

Gleichgewichts möglich sein soll. 1065 […]<br />

So oft also der Regent einen Zweifel hat, daß der vernünftige Wille der<br />

Staatsgesellschaft in den Beschlüssen der Volksvertretung nicht ermittelt<br />

vorliege, kann und muß er sich alsbald in verfassungsmäßiger Weise Aufklärung<br />

zu verschaffen suchen, ob sein Zweifel begründet ist oder nicht, und<br />

<strong>im</strong> letztern Falle hat er kein vernünftiges Motiv, seine Zust<strong>im</strong>mung zu<br />

verweigern. Denn dies könnte er alsbald nur thun, wenn er seine Best<strong>im</strong>mung<br />

durchaus verkennte d. i. nicht das wäre oder sein wollte, was er<br />

sein soll. Man sieht mithin, daß der wahre Regent <strong>im</strong>mer nur höchstens vorübergehend<br />

des Rechts zur Anwendung oder Geltendmachung eines Veto<br />

bedarf, folglich ein bedingtes Vetoprärogativ für ihn vollkommen hinreicht,<br />

seinen hohen Beruf zu erfüllen. 1066…“<br />

bb. Manifestation der begrifflichen Ungleichheit<br />

Der Frage, was denn dieses Vetorecht überhaupt darstellt und wie es <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zwischen <strong>Exekutive</strong> und Legislative wirken solle, wurde in der Abhandlung<br />

Murhards nur wenig Platz eingeräumt. Gedanken nach D<strong>im</strong>ension und staatsrechtlicher<br />

Einpassung konnten in jenem Manifest gegen die Absolutheit des Vetos<br />

kaum Raum greifen. Murhard beschränkte sich vielmehr eher auf die Beweisführung<br />

<strong>im</strong> Zitatverfahren, in welcher er allen voran Mounier als Herold aus der Vergangenheit,<br />

die Gedankenwelt der konstituierenden französischen Nationalversammlung<br />

darstellen ließ. Das Mounier, der erklärter „monarchiens“ 1067 war, zur<br />

Bekämpfung des aufstrebenden Parlamentarismus und zur Sicherung der königlichen<br />

Stellung zum Doktrinär einer apodiktischen Gewaltenteilungslehre wurde,<br />

verschweigt Murhard genauso beflissentlich, wie den Umstand, dass es in der<br />

französischen Debatte pr<strong>im</strong>är weniger um das königliche Vetorecht <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

an sich ging, als vielmehr um die parlamentarische Verantwortlichkeit<br />

der königlichen Minister und damit um diejenige des sie ernennenden<br />

1064 A.a.O., S. XXIX.<br />

1065 A.a.O., S. XXX.<br />

1066 A.a.O., S. XXXII/XXXIII.<br />

1067 Als „monarchiens“ wurden die Fraktion der Monarchisten, also der Anhänger eines starken Königs, in der<br />

Verfassung bezeichnet, welche zusammen mit politisch gleichgerichteten oder diametral anders denkenden<br />

gesellschaftlichen Interessengruppen die französische Konstitution von 1791 ausarbeiteten.<br />

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