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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

<strong>deutschen</strong> Spätabsolutismus war vielmehr dergestalt, dass der Monarch es selber<br />

war, der sich <strong>im</strong> Interesse seines Positionserhalts zur Selbstbeschränkung bereit<br />

erklärte. In der Folge existierte auch keine autarke Verfassungsversammlung, welche<br />

in den Ländern die neuen Konstitutionen hätte beschließen können, sondern<br />

bis auf das Königreich Württemberg wurden diese vom Fürsten oktroyiert. Staatsstrukturelle<br />

Entscheidungen gegen den monarchischen Willen fanden, anders als<br />

in Frankreich, somit in den <strong>deutschen</strong> Fürstentümern nicht statt.<br />

Als ein sich daraus ergebendes Hauptproblem erweist sich, dass zwar in einigen<br />

Aspekten, wie z.B. den rechtsstaatlichen Einflüssen, französische Schöpfungen<br />

nachvollzogen wurden, aber deren revolutionäre Grundphilosophie den <strong>deutschen</strong><br />

Verfassungsentwicklungen systembedingt fremd blieb. Es wurden eben<br />

keine Debatten unter dem gewaltenteilenden Horizont Montesquieus mit seinen<br />

dem englischen Recht entlehnten Ideen des Staatsaufbaus geführt, sondern es<br />

wurde seitens der Monarchen versucht, den herüberschwappenden Revolutionsgeist<br />

mit einigen frühzeitigen Zugeständnissen in der Hoffnung abebben zu lassen,<br />

es würde sich kein vergleichbarer Revolutionsflächenbrand daraus entwickeln.<br />

Jene unreflektierte Übernahme von französischen Strukturen, ohne deren demokratisierende<br />

Grundphilosophie zu inkludieren, wird insbesondere am Menetekel<br />

des monarchischen Vetorechts deutlich. In den obigen Untersuchungen der Herkunft<br />

der <strong>Vetorechte</strong> wurde erforscht, inwieweit die Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalte der<br />

Monarchen <strong>im</strong> Rahmen der Gesetzgebung ein Vetorecht darstellen könnten. Diese<br />

hier vorliegende Abhandlung lehnte jene Gleichsetzung schon deshalb ab, weil<br />

die Monarchen das zentrale Element der Gesetzgebung blieben. In der Konsequenz<br />

wurde festgestellt, wenn der Monarch weiterhin Inhaber der Gesetzgebungsgewalt<br />

blieb, so kann ihm systemlogisch kein Vetorecht in deren Rahmen<br />

zustehen. 1055<br />

Wenn nun allerdings in einer staatsrechtlichen Rückschau das relevante Schrifttum<br />

zu den Vetoerwägungen bezüglich des <strong>deutschen</strong> Konstitutionalismus und<br />

für das Gesetzgebungsverfahren <strong>im</strong> Kaiserreich untersucht wird, muss festgestellt<br />

werden, dass dies oftmals diametral anderes gesehen wurde. Allerdings handelt es<br />

sich in Wahrheit gar nicht um eine andere Sichtweise <strong>im</strong> eigentlichen Sinne, sondern<br />

vielmehr um das fahrlässige Übersehen einer Unterscheidungsnotwendigkeit.<br />

Das staatsrechtliche Phänomen Veto wurde einfach mehr oder weniger unreflektiert<br />

mit dem Zust<strong>im</strong>mungserfordernis des Monarchen <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

gleichgesetzt. 1056 Der Ausgangspunkt für die Fehldeutung des Zust<strong>im</strong>mungs-<br />

1055 Siehe Kapitel B.I.3.d.cc.bbb.<br />

1056 So in beispielhafter Form Schade, in: Das Vetorecht in der Gesetzgebung, Diss. Jur. Halle 1929, wenn er<br />

schreibt: „… Als absolutes Veto pflegte man seit Mitte des 19. Jahrhunderts das dem Landesherrn zustehende Recht der Zust<strong>im</strong>mung<br />

zu den Gesetzentwürfen des Parlaments zu bezeichnen. Es ist also ein positives Mitwirkungsrecht, das sich unter dieser<br />

Bezeichnung verbirgt. Der Ausdruck wird deshalb von Laband als verkehrt bezeichnet, es sei besser von einem Placet die Rede. Die<br />

Bezeichnung „Veto“ ist aus dem französischen Sprachgebrauch entnommen worden. Montesquieu spricht von dem „pouvoir<br />

d‛empêcher“, das dem König zustehen soll. Er sieht dann in dem Zust<strong>im</strong>mungsrecht des Königs nur seine Erklärung, von dem<br />

Hemmungsrecht, dem Veto, keinen Gebrauch machen zu wollen. In der Terminologie des 19. Jahrhunderts wird dagegen diese Lehre<br />

nicht scharf durchgeführt. Man fasst das Gesetz als eine Art Vereinbarung zwischen gleichberechtigten Parteien, Volk und Monarch<br />

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