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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

gung gleich, die mithin als der Kardinalfehler bei der Betrachtung der <strong>Vetorechte</strong><br />

angesehen werden kann, der schon in den Debattenbeiträgen des Vetopioniers<br />

Murhard angelegt war und der sich in die späteren Betrachtungen vollends seine<br />

Bahn brach. Problematischerweise wird die D<strong>im</strong>ension der Fehldeutung jedoch<br />

erst offensichtlich, wenn man sie nicht allein aus dem Blickwinkel des politisch<br />

Wünschenswerten betrachtet, sondern sie vielmehr in den Kontext zur tatsächlichen<br />

Staatsorganisation setzt, was nun <strong>im</strong> Folgenden geschehen soll.<br />

Nach der jeweils mehr oder weniger revolutionären Beseitigung des Absolutismus<br />

in all seinen Ausprägungsarten, in welchem vetogleiche Rechte vollkommenen<br />

unbrauchbar waren, stand das europäische Staatsrecht vor einer seiner<br />

schwierigsten und entscheidensten Fragestellungen. In der Regel hatte sich der<br />

vormals absolute Monarch revolutionsgezwungen für eine konstitutionelle Beschränkung<br />

seiner Macht bereitgefunden. Es galt nun eine praktikable Antwort für<br />

die äußerst schwierige Frage zu finden, wie dieser fortwirkend existierende König<br />

oder Fürst in das Verfassungsleben integriert werden könnte. Es ging also banal<br />

gesprochen um das Problem:<br />

Was anstellen mit einer Institution, die nicht mehr sein darf, was sie noch vor<br />

kurzem war, die aber nichtsdestoweniger <strong>im</strong>mer noch da ist und den Schmerz des<br />

Machtverlustes spürt und wie ein angeschossenes Tier zur gefährlichen, weil irrationalen<br />

Größe werden könnte, da noch genug Kraft in ihrem mit dem Tode ringenden<br />

Corpus verblieben ist, gespeist durch die vom bisherigen System profitierenden<br />

reaktionären Kräfte?<br />

Wie die bisherigen historischen Betrachtungen und systematisierenden Ausführungen<br />

zeigten, ging der frühe deutsche Konstitutionalismus französischer<br />

Prägung den Weg der weitestgehenden Partizipation des vormals absoluten Monarchen,<br />

ihn dabei aber in ein rechtsstaatliches Korsett zwängend. In der staatsrechtlichen<br />

Ausformung bedeutete dies, dem König oder Fürsten die Position des<br />

Gesetzgebers als einer Art sedativen Ausgleichs zu belassen, diese aber an die<br />

Beist<strong>im</strong>mung der Stände zu koppeln. Man kann also sagen, dass ohne die Zust<strong>im</strong>mung<br />

des ehedem absoluten Monarchen auch <strong>im</strong> Konstitutionalismus kleindeutscher<br />

Färbung kein Beschluss zum Gesetz werden konnte. Insoweit wirft<br />

diese Konstellation letztlich auch keine grundsätzlichen Fragen für das Gewaltenteilungsprinzip<br />

auf, da dieses zwischen <strong>Exekutive</strong> und Legislative faktisch keine<br />

Ausformung fand. Beide lagen <strong>im</strong> Wesentlichen in der Hand des Monarchen. Der<br />

Umstand jedoch, dass sich als hierfür gewähltes Verfassungsvorbild auf die französischen<br />

Verfassungsversammlungen nach der Revolution von 1789 berufen<br />

wurde, machte den Weg für die oben angedeuteten Fehlinterpretationen frei, welche<br />

dann in die Irre führen sollten.<br />

Ein unmittelbarer Eingang französischer Revolutionseinflüsse konnte schon<br />

deshalb nicht gelingen, weil in den <strong>deutschen</strong> Kleinstaaten, anders als in Frankreich<br />

geschehen, nicht zunächst die Monarchie an sich beseitigt wurde, um <strong>im</strong><br />

Anschluss über eine mögliche Integration deren nicht ausmerzbaren Erbes ins<br />

neue <strong>Verfassungssystem</strong> nachzudenken. Der Entwicklungsweg ausgehend vom

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