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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

Herzogsche Systembruchansatz fußt auf einer konstitutionellen Vetoannahme,<br />

welche es so niemals gab.<br />

Der Konstitutionalismusansatz in den <strong>deutschen</strong> Ländern als Versuchsfeld für<br />

das Ansinnen, dem Monarchen für den Verlust des „summum <strong>im</strong>perium“ inklusive<br />

des wesentlichen Feldes der alleinigen Gesetzgebung, ein Kompensationselement<br />

zur Verfügung zu stellen, war in seiner Ausformung durch die französischen<br />

Revolutionsideale intendiert. Der Debattenkultur des Frankreichs der Nachrevolutionszeit<br />

wurden für die Neujustierung des <strong>deutschen</strong> Verfassungswesens weg<br />

vom Absolutismus hin zum Konstitutionalismus einige grundsätzliche Strukturentscheidungen<br />

entlehnt und dabei gleichsam falsch interpretiert. Als Folge hiervon<br />

ist eine unsaubere Vermischung lieber zu trennender Fragestellungen zu eruieren.<br />

Für das hier zu untersuchende Forschungsfeld exekutiver Einspruchsrechte<br />

bedeutete jene Vermengung eine unheilvolle Stilisierung der <strong>Vetorechte</strong> zu Kronzeugen<br />

des Gewaltenteilungsprinzips. Unter dem Gesichtspunkt der flüssigen<br />

historischen Lesbarkeit gesehen, mag es angenehmer sein, sich die nun zu hinterfragende<br />

Auffassung zu eigen zu machen, unter dem Aspekt der rechtshistorischen<br />

Genauigkeit und inhaltlichen Richtigkeit wird davon wohl aber Abstand zu<br />

nehmen sein. Da die St<strong>im</strong>men der damaligen Zeit, welche sich den fragwürdigen<br />

Sichtweisen entgegen stellten, nicht gehört oder nicht verstanden wurden, sollen<br />

jene substantiellen Missverständnisse nun hier offengelegt und den berechtigten<br />

Kritikansätzen relevanter Raum gegeben werden. Basierend hierauf kann jeweiligen<br />

Fehlinterpretationen, auch bezüglich der Gewaltenteilungssystematik <strong>im</strong> heutigen<br />

Grundgesetz, der Boden entzogen werden.<br />

Für die vorzunehmende Einordnung der <strong>Vetorechte</strong> in die Systematik der Gewaltenteilung<br />

wird sich die inhaltliche Vorarbeit des Kapitels B mit dem dort eruierten<br />

historischen Kenntnisstand als hilfreiche Stütze erweisen und daher als<br />

historischer Hintergrund für die folgenden Ausführungen anzusehen sein.<br />

Es ist kein Gehe<strong>im</strong>nis, dass <strong>im</strong> konstitutionellen Staatsrecht eine äußerst lebhafte<br />

Debatte um vermeintliche Vetofragen, insbesondere <strong>im</strong> Hinblick auf derartige<br />

Rechte für den königlichen Monarchen, geführt wurde. Diese fand auf deutschem<br />

Territorium zunächst bezüglich der konstitutionellen Länderebene statt,<br />

wurde dann aber auch für die Reichsebene fortgeführt.<br />

Jene staatsrechtliche Debatte 1053 , deren intellektueller Ausgangspunkt aus heutiger<br />

Sicht wohl bei Friedrich Murhard und Julius Stahl zu suchen ist, erlebte, insbesondere<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit der Reichsverfassungsentstehung, eine fulminante<br />

Wiedergeburt. 1054 Allerdings ist allen diesen Beiträgen eine grundsätzliche Erwä-<br />

1053 Den Veto-Diskurs frühzeitig maßgeblich best<strong>im</strong>mende Beiträge: Murhard, Das königliche Veto; Stahl, Die<br />

Revolution und die constitutionelle Monarchie.<br />

1054 Als Belege für diese Wiederkehr der Vetodiskussion in der staatsrechtlichen Debatte können folgende Beiträge<br />

gelten: Kolbow, Das Veto des <strong>deutschen</strong> Kaisers, in: AöR 5 (1890), S. 73-112; Lürman, Zur Streitfrage über<br />

das Veto des <strong>deutschen</strong> Kaisers bei der Reichsgesetzgebung, Diss. Jur. Greifswald 1912; Schade, Das Vetorecht<br />

in der Gesetzgebung, Diss. Jur. Halle 1929.<br />

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