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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

Roman Herzog 1051 bietet an verstecktem Ort eine vorderhand famose Lösungsvariante<br />

an, die auch und gerade auf das Problemfeld der <strong>Vetorechte</strong> zu passen<br />

scheint. Bei der dort offerierten Sicht auf das Gewaltenteilungssystem werden<br />

nicht einfach die Augen vor den Problemen verschlossen, welche eine Subsumtion<br />

der <strong>Vetorechte</strong> unter die Gewaltenteilung offenbart, sondern ganz offen die Verwerfungen<br />

benannt, die das grundgesetzliche Konzept mit sich bringt: Roman<br />

Herzog fragt nämlich, ob es <strong>im</strong> Gewaltenteilungssystem nicht selbst angelegte Sollbruchstellen<br />

geben könnte. Während best<strong>im</strong>mte Abweichungsbereiche damit zu<br />

rechtfertigen seien, dass es sich bei ihnen um „gesamthänderische Übertragungen<br />

von Machtanteilen auf zwei oder mehrere Staatsorgane“ handeln könne, gäbe es<br />

auch Bereiche, die sich hiervon nicht erfassen lassen, ohne das Gewaltenteilungssystem<br />

ad absurdum zu führen.<br />

Basierend auf der Montesquieuschen Formulierung „une certain distribution<br />

des trois pouvioirs“ führt R. Herzog aus, dass Montesquieu es selbst war, der dem<br />

König gegenüber den Gesetzen beider Häuser des Parlaments ein Vetorecht einräumte.<br />

Für die Einpassung der <strong>Vetorechte</strong> in das grundgesetzliche Gewaltenteilungsschema<br />

könne daher folgendes gelten:<br />

„…Man könnte mit nur geringer Übertreibung versucht sein zu behaupten, dass die Abweichung<br />

vom System der Gewaltenteilung diesem Prinzip gewissermaßen system<strong>im</strong>manent ist. …“<br />

1052<br />

Im Ergebnis führt dieser Ansatz R. Herzogs zu der Annahme: Insofern Verfassungen<br />

unter dem Reg<strong>im</strong>e des Grundgesetzes <strong>Vetorechte</strong> inkludieren, lassen sich<br />

diese als system<strong>im</strong>manente Sollbruchstellen <strong>im</strong> System der Gewaltenteilung erklären.<br />

Wird diese euphemistische Betrachtung seziert, kommt man zu dem Ergebnis,<br />

dass <strong>Vetorechte</strong> systemwidrige Abweichungen vom Gewaltenteilungssystem<br />

darstellen. Gleichsam werden diese Abweichungen vom Trennungsgrundkonzept<br />

jedoch akzeptiert. Jene Akzeptanz basierte dabei auf der Annahme, dass wenn es<br />

schon Montesquieu als Vater des Gewaltenteilungsgedankens mit der Unabhängigkeit<br />

der zentralen Staatsfunktionen Legislative und <strong>Exekutive</strong> nicht so genau<br />

nahm, warum sollte man dann dies für ein ohnehin schon durchlöchertes System<br />

<strong>im</strong> Grundgesetz tun.<br />

Im Rahmen dieses system<strong>im</strong>manenten Durchbrechungsansatzes bezüglich des<br />

Gewaltenteilungsprinzips, wären die <strong>Vetorechte</strong> also nicht Aspekt oder Instrument<br />

des Gewaltenteilungsdogmas, sondern dessen historisches Fundament. Die<br />

Idee Roman Herzogs besticht zunächst durch eine Stringenz, die dem Begründungsansatz<br />

einer Chaostheorie gleicht. Insbesondere überzeugt sie vorderhand dadurch,<br />

dass die <strong>Vetorechte</strong> nicht zwanghaft zum Aspekt und Instrument der Ge-<br />

1051 Herzog, in: Maunz/Dürig Grundgesetz, Art. 20 Abschnitt II/V, Rn 10-12.<br />

1052 Herzog, in: Maunz/Dürig Grundgesetz, Art. 20 Abschnitt II/V, Rn 11.<br />

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