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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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380<br />

E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

gesamten Hand“ 1050 bezeichnet wird. Derartige Vermischungen von eigentlich<br />

unabhängigen Organen werden in unserem parlamentarischen Regierungssystem<br />

insbesondere bei der Wahl des Regierungschefs durch das Parlament und dessen<br />

fortwährende Vertrauensabhängigkeit deutlich.<br />

Fraglich ist, inwieweit die Situation des exekutiven Vetoeinsatzes gegen parlamentarische<br />

Gesetzesbeschlüsse unter eine „Staatsleitung zur gesamten Hand“<br />

subsumierbar ist. Wenn die exekutive Regierung in den originären Kompetenzbereich<br />

des Parlaments eingreift, ohne dass dies durch andere Staatsstrukturen zu<br />

rechtfertigen wäre und dies auch noch regelmäßig damit begründet wird,<br />

„Dummheitsbeschlüsse“ verhindern zu wollen, erscheint es nur schwerlich<br />

argumentierbar dieses Vorgehen als „Staatsleitung zur gesamten Hand“ zu rechtfertigen.<br />

Vielmehr muss man vermuten, dass mittels der <strong>Vetorechte</strong> in den Kernbereich<br />

der legislativen Tätigkeit eingegriffen wird. Immerhin setzt die vetoerhebende<br />

<strong>Exekutive</strong> die eigene Erkenntnis an die Stelle eines parlamentarischen Gesetzesbeschlusses.<br />

Dies gilt für die Ausfertigungsverweigerungen des Bundespräsidenten<br />

aufgrund verfassungsrechtlicher Mängel ebenso, wie für die fehlende<br />

Zust<strong>im</strong>mung der Bundesregierung zu finanzwirksamen Gesetzen oder die Vetos<br />

der Landesregierungen gegen Landesgesetze aus politischen oder verfassungsrechtlichen<br />

Motiven heraus.<br />

Der Ansatzpunkt einer Staatsleitung zur gesamten Hand führt unweigerlich zur<br />

Aufweichung der dem Gewaltenteilungssystem entspringenden Zuständigkeitsverteilung.<br />

Die eigentlich für eine best<strong>im</strong>mte Staatsfunktion vorgesehenen Organe<br />

nehmen zumindest auch Einfluss auf die Zusammensetzung und Funktionsfähigkeit<br />

einer anderen staatlichen Instanz. Eine solche gesamthänderische Wahrnehmung<br />

staatlicher Machtanteile wird i.d.R. mit den Einflüssen des Regierungssystems<br />

begründet. Zweifelsohne bedingt das deutsche parlamentarische Regierungssystem<br />

eine Einflussnahme des Parlaments auf die von ihm abhängige <strong>Exekutive</strong>.<br />

Es muss bezüglich der <strong>Vetorechte</strong> jedoch klar erkannt werden, dass derartige Begründungsmuster<br />

nicht greifen können. Nirgendwo ist ein verfassungsrechtlicher<br />

Ansatz erkennbar, der es unumgänglich macht, dass die <strong>Exekutive</strong> den Kernbestand<br />

parlamentarischer Tätigkeit sabotiert.<br />

Eine vordergründig vortreffliche Lösung für die sich daher auftuende Problemstellung<br />

ergibt sich, wenn man Gewaltenteilung und <strong>Vetorechte</strong> in den vermeintlichen<br />

Gesamtzusammenhang zum Konstitutionalismus rückt. Für die Zeit<br />

des Konstitutionalismus findet sich recht häufig die Darstellung monarchischer<br />

und damit exekutiver <strong>Vetorechte</strong>. Und da aufgrund der Einflüsse anderweitiger<br />

Staatsgrundsätze ohnehin davon ausgegangen wird, dass Gewaltenteilung <strong>im</strong><br />

Grundgesetz sowieso nur rud<strong>im</strong>entär und nirgendwo lupenrein umgesetzt wurde,<br />

kann es nicht verwundern, dass Roman Herzog auf eine auf den ersten Blick schier<br />

kongeniale Idee verfällt, die sich gerade für die <strong>Vetorechte</strong> als eine Art ‚Ei des<br />

Kolumbus‛ darstellen könnten.<br />

1050 Herzog, in: Maunz/Dürig Grundgesetz, Art. 20 Abschnitt II/V, Rn 8.

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