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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

stellen haben, ist weniger ein zu großes Miteinander der Gewalten, als ein Einwirken<br />

der Bundesregierung, der Landesregierungen, des Bundespräsidenten in die<br />

Sphären der Parlamente. Die originäre Aufgabe der Legislative wird von exekutiven<br />

Instanzen sabotiert und beeinflusst. Neben der Organbestellung, weist eine<br />

Parlamentarische Demokratie dem Parlament die Legislative zu. Schon quantitativ<br />

stellt diese Funktion den Hauptbereich ihres Wirkens dar. Dringt die <strong>Exekutive</strong><br />

bei der Wahrnehmung ihrer verfassungsrechtlichen <strong>Vetorechte</strong> in diesen Legislativbereich<br />

ein, tangiert sie den eigentlichen Lebensbereich der Legislative. Niemand<br />

wird bestreiten wollen, dass die Normsetzung zu den wesenstypischen und<br />

identitätsbegründenden Funktionsbereichen der Legislative gehört. Es stellt sich<br />

mithin die Frage nach einer Verletzung des aus Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG geschützten<br />

Kernbereichs legislativer Funktionszuweisung.<br />

2. Vetos als system<strong>im</strong>manente Gewaltenteilungsaspekte?<br />

a. Die Idee des <strong>im</strong>manenten Systembruchs<br />

Das Bundesverfassungsgericht erkennt aus der Regelung, die Art. 20 Abs. 2 S. 2<br />

GG aufstellt, eine „gewaltenteilende Kompetenzzuordnung“ 1047 . Dass es sich<br />

dabei um ein dem Verfassungswortlaut eigentlich nicht zu entnehmendes Wechselspiel<br />

aus funktionaler Trennung und gegenseitiger Kontrolle <strong>im</strong> Sinne eines<br />

checks and balance handelt, ist wohl mittlerweile auch allgemeine Sichtweise des<br />

verfassungsrechtlichen Schrifttums. 1048<br />

Als diesen Überlegungen gemeinsam erweist sich, dass <strong>im</strong> besten Montesquieuschen<br />

Sinne Gewaltenteilung <strong>im</strong> Grundgesetz vor allem bedeutet, dass die<br />

Fülle der staatlichen Gewalt weder bei einer einzigen Person noch bei nur einem<br />

Staatsorgan angesiedelt sein darf. Je kleiner der Machtanteil des Einzelnen am<br />

großen Kuchen der Macht ist, als desto geringer wird die Gefahr eines Machtmissbrauchs<br />

eingeschätzt. Gewaltenteilung ist daher zunächst einmal auch <strong>im</strong><br />

Grundgesetz ein psychologisches Phänomen, welches die Fehlbarkeit des menschlichen<br />

Seins einkalkuliert. 1049<br />

Des Weiteren sollen die jeweiligen Organe, welche mit funktionaler Macht<br />

ausgestattet sind, unabhängig voneinander sein. Dennoch akzeptiert es das Bundesverfassungsgericht,<br />

dass die Gewaltenteilung eine Einpassung in andere Verfassungsprinzipien<br />

und deren Folgeerscheinungen erfahren kann, was in der Konsequenz<br />

zu einer Gewaltenverschränkung führt, die auch als „Staatsleitung zur<br />

1047 BVerfGE 49, 89 (124).<br />

1048 Eine umfassende Analyse aller relevanter dogmatischer Erwägungen zur Umsetzung des Gewaltenteilungsprinzips<br />

<strong>im</strong> Grundgesetz mit umfangreichem Fundstellennachweis findet sich bei: Stern, Staatsrecht II, S. 531 ff.<br />

1049 Zu dem weiten Feld der Fehlbarkeit und Irrtumsfähigkeit der menschlichen Komponente <strong>im</strong> staatlichen<br />

System: Talmon, Die Ursprünge der totalitären Demokratie Teil 1, in: Die Geschichte der totalitären Demokratie.<br />

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