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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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378<br />

E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

in den sog. Kernbereich einer anderen Gewalt eindringt. 1041 Jedem organschaftlichen<br />

Funktionsträger soll die Substanz der die jeweilige materielle Funktion prägenden<br />

Tätigkeiten und Befugnisse belassen bleiben. 1042 Jede staatliche Funktion<br />

muss also einen Hauptträger haben, für den diese das „eigentliche Lebenselement“<br />

1043 ist. Die Folge jener sog. Kernbereichslehre ist, dass jeder Funktion ein<br />

eigenständiger wesenstypischer Kompetenzbereich erhalten bleiben muss.<br />

Aus dem Umstand, dass mittels Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG jedem der dort genannten<br />

staatlichen Machtinstanzen eine spezifisch zugeordnete Funktion zugewiesen<br />

wird, schließt das Bundesverfassungsgericht aber nicht nur den Umstand,<br />

dass der Wesensgehalt jeder dieser Funktion originär be<strong>im</strong> Inhaber zu verbleiben<br />

hat, sondern auch, dass die schon bei Montesquieu avisierte Hemmung, Balancierung<br />

und Kontrolle der Gewalten damit sichergestellt werden soll. Laut Bundesverfassungsgericht<br />

liegt die Bedeutung des grundgesetzlichen Organisationsprinzips<br />

aus Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG daher „…in der politischen Machtverteilung, dem Ineinandergreifen<br />

der drei Gewalten und der daraus resultierenden Mäßigung der Staatsherrschaft…“<br />

1044 . In der Folge sollen die Einzelfunktionen der Staatsgewalt nicht <strong>im</strong><br />

vorauseilenden strikten Wortlautgehorsam lediglich nur getrennt sein, sondern<br />

ganz <strong>im</strong> Gegenteil, die Organe der Legislative, <strong>Exekutive</strong> und Judikative sollen<br />

sich gegenseitig kontrollieren und begrenzen.<br />

Dennoch ist auch in der Verfassungspraxis und derselbigen Theorie nicht unbemerkt<br />

geblieben, dass best<strong>im</strong>mte glorifizierende Ansätze der Hemmung, Balance<br />

und Mäßigung nur noch leerformelhaften Charakter aufweisen. Insbesondere<br />

die Systemdiskrepanz zum Parlamentarischen Regierungssystem erschwert die<br />

Umsetzung dieses Ansatzes erheblich. Die Tendenz, dass entgegen der Intention<br />

des Parlamentarische Rates die eigentlichen Gegenspieler nicht mehr Parlament<br />

und Regierung seien, sondern die Regierung und die tragenden Parlamentsfraktionen<br />

auf der einen Seite und die Opposition auf der anderen, wurde hier schon<br />

hinlänglich beschrieben. Nicht selten wird diese durch das Parlamentarische Regierungssystem<br />

katalysierte Gewaltenverwebung als von den Parteien beherrschte<br />

Gewaltenverfilzung 1045 erachtet. Gerade zum Problemfeld einer zu starken Vermengung<br />

der Kompetenzen zwischen der Legislative und <strong>Exekutive</strong> hat das Bundesverfassungsgericht<br />

klargestellt, dass die Grenze an dem Punkt erreicht wäre,<br />

wenn die aus der parlamentarischen Demokratie ausfließenden Systemvermengungen<br />

zu einem „Gewaltenmonismus“ 1046 führen würden und somit die gegenseitige<br />

Kontrolle unterlaufen würde.<br />

Aus dem Problemkreis des Gewaltenverquickungsphänomens treten die <strong>Vetorechte</strong><br />

jedoch eindeutig heraus. Das Problem, welchem sich die <strong>Vetorechte</strong> zu<br />

1041 BVerfGE 9, 268 (280); 34, 52 (59).<br />

1042 Stern, Staatsrecht II, S. 542.<br />

1043 Vgl. Fleiner, Institutionen des <strong>deutschen</strong> Verwaltungsrechts, S. 12.<br />

1044 BVerfGE 3, 225 (247); 7, 183 (188); 9, 268 (279); 22, 106 (111); 30, 1 (27 ff); 34, 52 (59).<br />

1045 Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 235.<br />

1046 BVerfGE 49, 89 (125).

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