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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

und Funktionsweisen sind geprägt von politischem Darwinismus und hierdurch<br />

bedingter bzw. erzwungener Loyalität der Legislative gegenüber der <strong>Exekutive</strong>.<br />

Das bei der Verfassungsentstehung intendierte Gewaltenteilungskonzept mit einer<br />

strikten Trennung von <strong>Exekutive</strong> und Legislative, welches die Mütter und Väter<br />

des Grundgesetzes aus den Gedanken Montesquieus zu lesen glaubten, war somit<br />

von Anfang an zum Scheitern verurteilt.<br />

Da, wie oben aufgezeigt wurde, auch Montesquieu selbst von keiner apodiktischen<br />

Trennung der Legislativ- und Exekutivgewalt ausging 1038 , braucht dieses<br />

Scheitern gleichsam nicht als El<strong>im</strong>inierung des Gewaltenteilungsprinzips verstanden<br />

werden. Es muss nur erkannt werden, dass dasjenige, was der Parlamentarische<br />

Rat versuchte zu konzipieren, am hehren Ziel einer Verhinderung erneuter<br />

Diktatur und Gleichschaltung, wie sie die Anfänge des nationalsozialistischen<br />

„Dritten Reiches“ mit sich brachten, ausgerichtet wurde. Für eine funktionierende<br />

parlamentarische Demokratie war dieser Gewaltenteilungsansatz allerdings von<br />

Beginn an untauglich, weil utopisch.<br />

bb. Gewaltenteilungsparameter <strong>im</strong> Schrifttum und der Rechtsprechung des<br />

Bundesverfassungsgerichts<br />

Dieser Utopie einer klassischen Trennung zwischen Bundestag als Legislative und<br />

Bundesregierung als <strong>Exekutive</strong> ist das Bundesverfassungsgericht von Anfang nicht<br />

gefolgt. Vielmehr hat es in realistischer Betrachtung der Dinge versucht, in seinen<br />

Urteilen die Aussagen des Grundgesetzes zur Gewaltenteilung gerade zu rücken<br />

und auf ein praktikables Normalmaß herunter zu brechen:<br />

Laut Bundesverfassungsgericht ist der Sinn der durch Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG<br />

proklamierten Gewaltentrennung darin zu suchen, dass „…die Organe der Legislative,<br />

<strong>Exekutive</strong> und Judikative sich gegenseitig kontrollieren und begrenzen, damit die Staatsmacht<br />

gemäßigt und die Freiheit des einzelnen geschützt wird... . Keine Gewalt darf ein von der Verfassung<br />

nicht vorgesehenes Übergewicht über die anderen Gewalten erhalten, und keine Gewalt darf<br />

der für ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeit beraubt werden. …“ 1039<br />

Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts liegt die Grundintention von Art. 20<br />

Abs. 2 S. 2 GG weniger in einer apodiktischen und bedingungslosen Trennungsbotschaft,<br />

sondern vor allem in einer „funktionalen, kompetenzgebundenen Gewaltenteilung“<br />

1040 .<br />

Gleichsam macht das Bundesverfassungsgericht aber auch deutlich, wo die<br />

Grenzen liegen, bei deren Überschreitung eine Verletzung dieses tragenden Prinzips<br />

zu vergegenwärtigen ist. Dies sei <strong>im</strong>mer dann anzunehmen, wenn eine Gewalt<br />

1038 Folgt man Stern, in: Staatsrecht II, S. 517 – lieferte Montesquieu für das Grundgesetzkonzept nur „die richtungsweisende<br />

theoretische Fundierung der Idee“.<br />

1039 So die bis heute gültige Analyse des Bundesverfassungsgerichts, in: BVerfGE 3, 225 (247); 7, 183 (188); 9,<br />

268 (279); 22, 106 (111); 30, 1 (27 ff); 34, 52 (59).<br />

1040 BVerfGE 55, 274 (318).<br />

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