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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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374<br />

E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

dieren und dabei die individuelle Freiheit des Einzelnen zu absorbieren. Diese<br />

Quintessenz bildete für die Mütter und Väter des Grundgesetzes den Leitgedanken<br />

bei der Aufstellung des Gewaltenteilungsgrundsatzes in Art. 20 Abs. 2 S. 2<br />

GG.<br />

aa. Die Gewaltenteilungsidee des Parlamentarischen Rates vs. Die Realität<br />

des Parlamentarischen Regierungssystems<br />

Unterzieht man den Wortlaut der Norm einer genaueren Analyse, könnte man<br />

zunächst zu der Auffassung kommen, dass die Ausübung der Staatsgewalt durch<br />

besondere Organe auf eine besonders stringente Umsetzung der Gewaltenteilungssystematik<br />

ausgerichtet ist. Das der Verfassungswortlaut in Art. 20 Abs. 2 S.<br />

2 GG so kompromisslos formuliert wurde, ist wohl vor allem dem recht dogmatischen<br />

und theoretisierenden Herangehen des Parlamentarischen Rates als verfassunggebender<br />

Versammlung geschuldet.<br />

Die Debattenintention des Parlamentarischen Rates bezüglich der Gewaltenteilungsfrage<br />

lief von Anfang an in eine Richtung: Allein der Bundestag sollte als<br />

Gesetzgeber fungieren, während die Bundesregierung als Spitze der Verwaltung<br />

diese Gesetze exekutieren würde müssen. Um sich gegenseitig kontrollieren zu<br />

können, sollte das Interorgangefüge zwischen beiden Organen darauf ausgerichtet<br />

werden, dass der Bundestag als Legislative einerseits und die Bundesregierung als<br />

<strong>Exekutive</strong> andererseits voneinander unabhängig wären. Diese von M. Draht als<br />

fehlgehendes deutsches Gewaltenteilungskonzept dargestellte Sichtweise auf das<br />

Konzept Montesquieus stellte die Hauptargumentationslinie in der für die Staatsstrukturprinzipien<br />

maßgeblichen Sitzung des Parlamentarischen Rates am 8. September<br />

1948 dar.<br />

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion Carlo Schmid bezog sich auf die „…klassische<br />

Demokratie..., für die bisher die Völker Europas gekämpft haben…“ 1030 . Daher müssten<br />

drei Merkmale erfüllt sein, damit eine Verfassung in diesem klassischen Sinne als<br />

demokratisch bezeichnet werden könne: Gleichheit und Freiheit der Bürger, Teilung<br />

der Gewalten sowie Garantie der Grundrechte. Wesensbildend für das neue<br />

Grundgesetz sollte also auch die Teilung der Gewalten sein. 1031 Nachweislich war<br />

es das Ziel der verfassunggebenden Versammlung, über ein vom Gewaltentrennungsgebot<br />

vermitteltes Gegenüber von Legislative und <strong>Exekutive</strong> dem Missbrauch<br />

staatlicher Macht vorzubeugen. 1032<br />

1030 Vgl. Parlamentarischer Rat, Stenographischer Bericht, 2. Sitzung 8. Sept. 1948, S. 13 ff. – Fundstelle: W.<br />

Werner, Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Akten und Protokolle, Band 9; Plenum, S. 35.<br />

1031 Dazu Carlo Schmid (SPD) ausdrücklich: „…Die Freiheit der Person ist nur in einem Staate voll und dauerhaft gewährleistet,<br />

der auf dem Prinzip der Teilung und des Gleichgewichts der Gewalten aufgebaut ist. Darum müssen auch in den Ländern<br />

Gesetzgebung, ausführende Gewalt und Rechtsprechung von Organen ausgeübt werden, die einander gleichgeordnet sind und sich so<br />

die Waage halten können. …“ (J. V. Wagner, Der Parlamentarische Rat Bd. 1, S. 524).<br />

1032 Eine sehr anschauliche Zusammenfassung der Motive des Parlamentarischen Rates bzgl. des Gewaltenteilungsgrundsatzes<br />

bietet Fromme, in: Von der We<strong>im</strong>arer Verfassung zum Bonner Grundgesetz, S. 203: „…So hat

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