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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

nung. Montesquieus Idee von einer Trennung der Gewalten versteht man nur<br />

richtig, wenn man zugrunde legt, dass es ihm neben institutionellen Regelungen<br />

um eine politische Integration der gesellschaftlichen Kräfte ging, die mittels der<br />

Gewaltenteilung Partizipation am Staatsganzen erfahren sollten und diesen dadurch<br />

auch <strong>im</strong> Fortbestand legit<strong>im</strong>ieren. Montesquieu ging es daher <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

nicht um eine allein personelle oder allein funktionelle Trennung der drei<br />

Gewalten des Staates, sondern es ging ihm zuvorderst um die Kreation eines Systems,<br />

welches in der Lage wäre, ein humanes Menschenbild und die persönliche<br />

Freiheit jedes Einzelnen zu verwirklichen. Die ihm vorschwebende gesetzliche<br />

Ordnung müsste die Freiheit und Menschenwürde gegen Anarchie und Despotismus<br />

verteidigen können und um dies zu gewährleisten vor allem Machtmissbrauch<br />

verhindern. 1027 Zur Inhibierung des Machtmissbrauches sei es gemäß des<br />

11. Buches/ Kapitel 4 aus „De L‛ Esprit des Lois“ nötig, dass eine Gewalt die andere<br />

hindere. 1028 Hingegen eine vollkommene Abschottung zwischen den Gewalten<br />

erschien ihm hierfür nur kontraproduktiv. Im Vordergrund Montesquieuscher<br />

Gedanken steht somit nicht die Gewaltenseparierung, sondern ein korrelierendes<br />

System der Gewaltenhemmung und der Gewaltenvermischung.<br />

Mittels der Analysen von M. Draht wird deutlich, dass sich eine zum Verabsolutieren<br />

neigende Trennung von Legislative und <strong>Exekutive</strong> schon anhand des<br />

Montesquieuschen Werkes nicht argumentieren lässt. Zu diesem Befund tritt ein<br />

weiteres Phänomen, welches diese Sichtweise untermauert. Gemeint sind die verfassungssystematischen<br />

Folgeerscheinungen der Entscheidung für das Parlamentarische<br />

Regierungssystems, die nicht ohne Auswirkungen auf die Betrachtung der<br />

Gewaltenteilungsthese sein können.<br />

Das Parlamentarische Regierungssystem tastet zwar rein formal die Eigenständigkeit<br />

des Parlamentes nicht an. Dennoch steht nicht mehr das Parlament als<br />

Ganzes einer von ihm unabhängigen Regierung gegenüber. Vielmehr sind die<br />

Regierung und das Parlament in den entscheidenden Bereichen der heutigen<br />

Staatstätigkeit nicht mehr voneinander getrennt. Roman Herzog meint, wollte man<br />

das Gewaltenteilungsmodell auf die Systematik des heutigen Parlamentarischen<br />

Regierungssystems anwenden, würde dies einer „historischen Instinktlosigkeit“ 1029<br />

gleichen. In der Tat ist <strong>im</strong> heutigen Staatsverständnis eines demokratischen Parlamentarismus<br />

so gut wie nichts mehr vergleichbar mit der politischen und gesellschaftlichen<br />

Situation zur Zeit Montesquieus. Weder das verherrlichte Staatssystem<br />

Englands noch die despotischen Zustände <strong>im</strong> Frankreich seiner Zeit ähneln<br />

auch nur <strong>im</strong> Entferntesten dem, was einen europäischen Verfassungsstaat unserer<br />

Tage ausmacht.<br />

1027 Vgl. Montesquieu „De l‛esprit des lois“ IX 4: „…Es sei eine ständige Erfahrung, dass jeder, der Macht besitzt, zu<br />

ihrem Missbrauch neigt: Er geht soweit bis er auf Schranken stößt…“.<br />

1028 „... il faut que ... le pouvoir arrete le pouvoir".<br />

1029 Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 234.

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