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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

gegen ihr Mehrwert für die Minderheitsvariante keine genügende Beachtung findet.<br />

Sicherlich kann man die Ansicht vertreten, dass sowohl das Grundgesetz als<br />

auch die Landesverfassungen stabile Regierung bevorzugen und daher zu forcieren<br />

suchen. 1007 In Anbetracht der gerade auch verfassungsrechtlich unfassbaren<br />

Zustände der späten We<strong>im</strong>arer Republik und deren dramatischen Folgen erscheint<br />

politische Stabilität mittels Mehrheitsregierungen zweifelsohne auch als wünschenswert.<br />

Allerdings tut der deutsche Wähler den Parteien <strong>im</strong>mer weniger den Gefallen,<br />

<strong>im</strong> Sinne der bisherigen politischen ‚Farbenlehre‛ zu wählen. Auf diesen Umstand<br />

weist auch Altbundespräsident Roman Herzog hin: Durch das Auftreten der ‚Linkspartei‛<br />

1008 als fünfte parlamentarische Kraft ergebe sich eine „fundamentale Veränderung<br />

unseres Regierungssystems“, schrieb Roman Herzog <strong>im</strong> März 2008 in einem Beitrag<br />

für die Süddeutsche Zeitung 1009 , „ohne dass sich an den Vorschriften des Grundgesetzes<br />

und des Bundeswahlgesetzes etwas Wesentliches geändert hätte“. Nach der Analyse des früheren<br />

Staatsoberhaupts und Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts wird das<br />

Regieren in Deutschland in einem Fünf-Parteien-System <strong>im</strong>mer schwieriger. Ohne<br />

Korrekturen drohe sich der Vertrauensschwund der Bürger gegenüber den bisherigen<br />

Volksparteien CDU/CSU und SPD fortzusetzen. Roman Herzog warnt: „Die<br />

Gefahr von Minderheitsregierungen wird wachsen, sei es, dass von Anfang an keine Koalition<br />

mit absoluter Mehrheit zustande kommt, sei es, dass eine solche Koalition auseinanderfällt“. Er<br />

führt weiter aus: „Ein Minderheitskanzler dürfte aber ein sehr schweres Leben haben.“ Im<br />

Ausland und besonders bei der Europäischen Union werde er „als lahme Ente gelten,<br />

deren Tage gezählt sind und mit der man keine langfristigen Projekte auf Kiel legt.“ Noch<br />

unangenehmer werde sich bemerkbar machen, „dass sich ein Minderheitskanzler für<br />

jedes Gesetz, das er für nötig hält, die erforderliche Mehrheit <strong>im</strong> Parlament zusammenbetteln<br />

muss, weil seine eigene Fraktion ja über keine ausreichende Mehrheit“ verfüge. Deshalb, so<br />

folgert R. Herzog, werde der Chef einer Minderheitsregierung „die unsinnigsten Kompromisse<br />

eingehen und die sachwidrigsten Kompensationsgeschäfte machen müssen, um halbwegs<br />

über die Runden zu kommen“. Das Grundgesetz sei in seiner geltenden Fassung nicht<br />

geeignet, diese Probleme zu lösen, urteilt R. Herzog. Er plädierte daher dafür, eine<br />

breite Debatte über Korrekturen des <strong>deutschen</strong> Wahlsystems zu führen.<br />

Diese ohne weiteres auf das Parlamentarische System der Landesebene herunter<br />

zubrechende Analyse prophezeit eine Zunahme an Minderheitsregierungen.<br />

Die Herzogsche Lösung mittels einer Wahlrechtsänderung ist auf vielfältige Kritik<br />

gestoßen. 1010 Da die gesamte Debatte sowieso mehr oder weniger unter dem Gesichtspunkt<br />

der Funktionsfähigkeit der <strong>Exekutive</strong> geführt wird, hingegen die Ma-<br />

1007 Was wohl aber nur mittels Verfassungsinterpretation und weniger basierend auf dem zu diesem Thema<br />

schweigenden Wortlaut des Grundgesetzes argumentierbar sein dürfte.<br />

1008 Zum Eintritt der sich nach der Bundestagswahl 2005 auch in den Ländern etablierenden Partei „Die Linken“<br />

in das gesamtdeutsche Parteienspektrum und deren Wurzeln als vormals ostdeutsche Milieupartei: Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung, v. 30. Januar 2008, S. 1 – „Durchbruch der Linkspartei“.<br />

1009 Süddeutsche Zeitung, v. 6. März 2008, S. 6.<br />

1010 Süddeutsche Zeitung v. 7. März 2008, S. 6.<br />

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