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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

Grundsatz davon aus, dass es keine Landesregierung geben kann, welche nicht<br />

über eine absolute Mehrheit <strong>im</strong> Landtag verfügt. Das ausdrückliche Verbot einer<br />

solchen Minderheitsregierung ist dem Verfassungswortlaut aber genauso wenig zu<br />

entnehmen. Wenn es die politischen Kräfte des Landtages also schaffen, mit absoluter<br />

Mehrheit einen Regierungschef zu wählen, dieser aber über keine dauerhaft<br />

sichergestellten und antizipierbaren Mehrheiten verfügt, entspricht das zwar nicht<br />

dem Grundgedanken der hessischen Verfassung, dennoch müsste eine solche<br />

Minderheitsregierung als existent hingenommen werden.<br />

Einfacher stellt sich die Bildung einer Minderheitsregierung in Nordrhein-<br />

Westfalen 1004 dar. In der mit Art. 63 Abs. 4 GG vergleichbaren Regelung in Art.<br />

52 Abs. 2 LV NRW genügt einem Kandidaten in einem vierten Wahlgang bei der<br />

Ministerpräsidentenwahl die einfache St<strong>im</strong>menmehrheit.<br />

An dieser Stelle kann also festgehalten werden: Die <strong>Vetorechte</strong> aus Art. 119<br />

HV und aus Art. 67 LV NRW treten zu den durch die Landesverfassungen einkalkulierten<br />

oder zumindest ermöglichten Minderheitskonstellationen hinzu. Interessanterweise<br />

ist es gerade eine solche Minderheitskonstellation, in welcher sich<br />

der Landtag als ein homogenes Gebilde darstellt, wo hingegen ein Mehrheitslandtag<br />

die Struktur eines heterogenen Konstrukts mit sich faktisch gegenüberstehenden,<br />

qualitativ höher- und minderwertigeren Mandaten ausweist: „…In der Parteiendemokratie<br />

gibt es kein grundsätzliches Gegenüber von Landesregierung und Landtag insgesamt,<br />

sondern nur von Mehrheit(skoalition) <strong>im</strong> Landtag und der von ihr getragenen Landesregierung<br />

einerseits und Opposition <strong>im</strong> Landtag andererseits. Die parlamentarische Kontrolle ist<br />

deshalb weitgehend Sache der Opposition und richtet sich zwangsläufig auch gegen die jeweilige<br />

Landtagsmehrheit. …“ 1005<br />

Hingegen in der Situation einer fehlenden dauerhaften Mehrheitskohäsion in<br />

der Landeslegislative, die in der Lage wäre, die absolute St<strong>im</strong>menmehrheit pro<br />

Landesregierung einzusetzen, fehlt es gleichsam auch an den Verquickungen, welche<br />

zu einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Landtag und Landesregierung<br />

führen.<br />

Dennoch kann die Situation eintreten, dass sich in Einzelfragen politische<br />

Mehrheiten <strong>im</strong> Landtag zusammen finden, welche in der Lage sind, Gesetze zu<br />

beschließen, die nicht den Initiativen und Vorstellungen der Landesregierung<br />

entsprechen. Solche Gesetze müssten von den Landesregierungen in Wiesbaden<br />

und Düsseldorf nicht nur ausgefertigt und verkündet werden, sondern auch admi-<br />

tung v. 7. März 2008, S. 1 & 4.; Vgl. „Ypsilanti gescheitert, Koch regiert weiter“, in: Süddeutsche Zeitung v. 8./9.<br />

März 2008, S. 1 & 2; „Linkes Exper<strong>im</strong>ent gescheitert: Ypsilanti gibt auf“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, v.<br />

08. März 2008, S. 1/2.).<br />

Zu den politischen Friktionen, welche durch die Unterstützungsverweigerung durch eine SPD-<br />

Landtagsabgeordnete ausgelöst worden sind: „Ypsilanti will doch noch Ministerpräsidentin werden“, in: Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung, v. 10. März 2008, S. 1/2; „Ein vor Wut schäumendes Tribunal“, in: Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung, v. 10. März 2008, S. 3; Frankfurter Allgemeine Zeitung, v. 12. März 2008, S. 1/2).<br />

1004 Die Minderheitenkonstellation wurde für NRW am 14. Juli 2010 mit der Wahl von Hannelore Kraft zur<br />

Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung Realität.<br />

1005 W. Schmidt, Verfassungsrecht, in: Meyer/Stolleis Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen, S. 57.<br />

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