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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

Ebene der Landesparlamente organisiert, sondern auf der Ebene der Bürokratien.<br />

997<br />

Unter dem Strich erstrecken sich die Dilemmata des <strong>deutschen</strong> Länderparlamentarismus<br />

somit auf mehrere Ebenen: Der kooperative Föderalismus schränkt<br />

die landesparlamentarischen Legislativfunktionen ein, da der Bund so gut wie alle<br />

relevanten Kompetenzen an sich gezogen hat und soweit ausschöpft, dass Landesparlamente<br />

als Legislativen keine Rolle mehr spielen. 998 In den Bereichen in<br />

denen der ursprüngliche Ansatz des Grundgesetzes, dass die Länder über das<br />

Gesetzgebungspr<strong>im</strong>at verfügen sollten, noch greift, muss sich der als wertvoller<br />

erachteten europäischen Integration gebeugt werden.<br />

Zudem führen Politikverflechtung und Exekutivföderalismus dazu, dass sich<br />

die Kontrollfunktion gegenüber den Landesregierungen auf ein Min<strong>im</strong>um beschränkt.<br />

Dieser Effekt wird noch dadurch verschärft, dass die Landesexekutiven<br />

zu den großen politischen Fragen der Republik Stellung nehmen können, „während<br />

das Landesparlament in provinzieller Enge festgehalten wird“. 999 Auch die<br />

Tendenzen zur Reorganisation der Gesetzgebungskompetenzen zugunsten der<br />

Länder <strong>im</strong> Rahmen der Föderalismusreform <strong>im</strong> Jahr 2006 1000 konnten diesen fatalen<br />

Trend nicht substantiell kompensieren, geschweige denn einen wirklich gegenläufigen<br />

Kurswechsel einleiten.<br />

Führt man sich alle Teilaspekte dieser desaströsen Bestandsaufnahme vor Augen,<br />

dann müssen die <strong>Vetorechte</strong> wie der letzte Nagel für einen schon fertigen<br />

Sarg wirken. Eines Sarges, der von <strong>im</strong>mer stärker werdenden Landesexekutiven zu<br />

Grabe getragen wird. Als ernüchternde Vetobilanz lässt sich daher feststellen, dass<br />

in den wenigen Bereichen, in welchen die Landesparlamente von Hessen und<br />

Nordrhein-Westfalen noch wirklich autark und Kraft ihrer legislativen Befugnis<br />

fungieren können, bestehen für die <strong>Exekutive</strong> evidente Möglichkeiten diese Rud<strong>im</strong>ente<br />

legislativer Eigenständigkeit noch weiter einzuschränken. Es erscheint<br />

fraglich, ob es aus rein verfassungspolitischen und verfassungssystematischen<br />

Gründen zu verantworten ist, dergestaltige Exekutivrechte fortbestehen zu lassen.<br />

Die fraglichen <strong>Vetorechte</strong> dürfen jedoch nicht allein aus der Adressatenperspektive<br />

betrachtet werden. Nur weil die Landesparlamente offensichtlich manifeste<br />

Opfer des oben aufgezeigten Prozesses sind, bedeutet dies noch lange nicht,<br />

dass die Landesregierungen Hessens und Nordrhein-Westfalens mittels ihrer Ve-<br />

997 Vgl. H. Meyer, Warum brauchen wir und wie kommen wir zu einer modernen Verfassung, in: KritV 2/1996,<br />

S. 150 – der des Weiteren ausführt: „…Die Länder benehmen sich von sich aus wie hochpotentierte Verwaltungseinheiten,<br />

nicht aber wie politische Handlungseinheiten. …“.<br />

998 Vgl. W. Reutter, Landesparlamente <strong>im</strong> kooperativen Föderalismus, in: APuZ 2004, 18 (19).<br />

999 Vgl. M. Friedrich, Entwicklung und gegenwärtige Lage des parlamentarischen Systems in den Ländern, in:<br />

Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, S. 1712 ff.<br />

1000 Eine umfassende Bestandsaufnahme der Notwendigkeit und Umsetzung der Föderalismusreform bietet Chr.<br />

Starck, in: Verfassungen, S. 71 ff. Zur Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Länder<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Föderalismusreform: W. Frenz, Gesetzgebungskompetenzen nach der Föderalismusreform, in:<br />

Jura 2007, 165 ff. Diesbezüglich kritische Würdigungen sind zu finden bei: Nierhaus/Rademacher, Die große<br />

Staatsreform als Ausweg aus der Föderalismusfalle?, in: LKV 2006, 385 (386-392).<br />

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