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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

Dem hält der angehörte Verfassungsexperte Kretschmer entgegen:<br />

„…Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass noch ein formelles und auch materielles Prüfungsrecht<br />

nach Landtagsbeschlüssen existiert. Wenn Sie diese Verfahrensregelung zurücknehmen,<br />

haben Sie nach meiner Meinung nichts anderes erreicht, als dass sofort der Gang zum<br />

Verfassungsgerichtshof provoziert wird, wenn sich die Landesregierung anders entscheidet als es<br />

der Landtag meint. …“ 994<br />

Beides sind bedenkenswerte Motive, die auf eine ganz best<strong>im</strong>mte Fragestellung<br />

zulaufen: Darf, soll oder muss eine <strong>Exekutive</strong>, die zudem auch noch aktiv an der<br />

Initiative mitwirken und am Verfahren kraft des Informationsvorsprungs ihrer<br />

Ministerialbürokratie massiv partizipieren kann, zudem auch noch Bedenken und<br />

Einsprüche gegen den Gesetzesbeschluss erheben können? Das eine der vorgebrachten<br />

Argumente beinhaltet die klassische Aussage, es muss auch einmal genug<br />

sein mit der exekutiven Einmischung in originär legislative Befugnisse. Das andere<br />

Argument meint, dass es doch wesentlich effektiver sei, die Landesexekutive weist<br />

auf einen Fehler hin, als dass es nach einer Wirksamkeitsphase zur verfassungsgerichtlichen<br />

Kassation kommt womit i.d.R. Rechtsunsicherheit einhergehen wird.<br />

So verfassungsrechtlich honorig beide Ansätze auch sind, sie verharren doch in<br />

einem argumentativen Status quo. Es wird allein das Potential erkannt, welches<br />

sich aus der bisherigen Anwendungsfrequenz erschließt. In der Folge wird der<br />

Blick nur auf die potentielle Dopplung verfassungsrechtlicher Kontrolle gerichtet.<br />

Die <strong>Vetorechte</strong> Hessens und Nordrhein-Westfalens bieten jedoch mehr als eine<br />

Art verfassungsrechtliche Vorschaltkontrolle.<br />

Da sich beide Vetos nach dem Wortlaut des Verfassungstextes nicht mit verfassungsrechtlichen<br />

Motiven begnügen müssen, können beide auch aus politischem<br />

und Zweckmäßigkeitskalkül angewandt werden. Das dies bisher nicht geschehen<br />

ist, mag womöglich st<strong>im</strong>men, kann dennoch kein wirkliches Argument<br />

sein, dieses Potential zu vernachlässigen. Insbesondere die näheren verfassungsrechtlichen<br />

Betrachtungen zu Hessen haben ansatzweise aufgezeigt, wie potentiell<br />

machtvoll das exekutive Veto der hessischen Landesregierung sein könnte, wenn<br />

es mit dem entsprechenden politischen Einsatzwillen angewandt würde.<br />

Alle Betrachtungen müssen daher auf die Frage hinauslaufen: Ist das erlaubt?<br />

Können unsere Staatsgrundgesetze es zulassen, dass der <strong>Exekutive</strong> ein politisches<br />

Prüfungsrecht gegenüber legislativem Beschluss zugestanden wird? Nicht übersehen<br />

werden darf dabei, dass der Landtag ja nicht lediglich eine Gegenvorstellung<br />

über sich ergehen lassen muss und danach wäre das Gesetz automatisch wiederbelebt.<br />

Ganz <strong>im</strong> Gegenteil, die Legislative muss den gleichen parlamentarischen<br />

Kraftakt einer Beschlussfassung erneut aufbieten oder <strong>im</strong> Falle des hessischen Art.<br />

119 HV gemäß dessen Absatz 3 sogar eine absolute Mehrheit. Die <strong>Exekutive</strong><br />

verfügt also über die Möglichkeit einen demokratischen Willensentschluss zu ega-<br />

994 Ausschussprotokoll Hauptausschuss NW 13/1134 v. 05.02.2004, S. 22.<br />

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