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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

Produkten parlamentarischer Gesetzgebung eine eigene Macht. Das jüngste Anwendungsbeispiel<br />

aus dem Jahr 2002 macht dies noch einmal deutlich. Der damalige<br />

Ministerpräsident Peer Steinbrück drückte nicht nur seine Bedenken zum<br />

fraglichen Gesetz aus, sondern schrieb an den Landtagspräsidenten in apodiktischer<br />

Form: „…Die Ausfertigung und Verkündung dieses Gesetzes werden daher<br />

abgelehnt. …“ 948 . Wie die eruierbaren Anwendungsfälle zu Art. 67 LV NRW zeigen,<br />

basierten diese i.d.R. auf verfassungsrechtlichen Zweifeln und korrelierten<br />

somit mit den Rechten und Pflichten aus Art. 71 Abs. 1 LV NRW. 949<br />

Dennoch darf nicht übersehen werden, dass sich über den vorgeschalteten<br />

Einsatz von Art. 67 LV NRW die Möglichkeiten der Landesregierung wesentlich<br />

erweitern. Gesetze könnten faktisch nicht nur <strong>im</strong> Falle von verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken nicht ausgefertigt werden, sondern auch bei der Darlegung von rein<br />

politischen Motiven. Ein von der Verfassung in Artikel 71 Abs. 1 LV NRW nicht<br />

vorgesehenes politisches Prüfrecht findet über die Kombination von Art. 67 und<br />

71 LV NRW mittelbar Eingang in die Landesverfassung.<br />

Dies zugrunde legend wird deutlich, welches Potential Art. 67 LV NRW innewohnt.<br />

Es darf zudem nicht verkannt werden, dass der Landtag nicht einfach<br />

lediglich die Gegenvorstellung über sich ergehen lassen muss und danach wäre das<br />

Gesetz automatisch wiederbelebt. Ganz <strong>im</strong> Gegenteil, die Legislative muss den<br />

gleichen parlamentarischen Kraftakt einer Beschlussfassung erneut aufbieten.<br />

Deshalb bleibt das Recht aus Art. 67 LV NRW nicht auf der Stufe einer Gegenvorstellung<br />

stehen, sondern stellt zumindest <strong>im</strong> Rahmen einer verfassungstheoretischen<br />

Exegese ein tatsächliches Vetorecht dar.<br />

Legt man die Aufzeichnungen des nordrhein-westfälischen verfassunggebenden<br />

Ausschusses zugrunde, wird diese Analyse auch bestätigt. Eindeutig ging es<br />

bei den dortigen Beratungen zu Art. 67 LV NRW um die Verortung und D<strong>im</strong>ensionierung<br />

eines expliziten Vetorechts. Im diesbezüglichen Entwurf 950 des Innenministers<br />

Menzel war zunächst einmal ein echtes suspensives Vetorecht der Landesregierung<br />

ausgestaltet worden. Jene Formulierung muss jedoch <strong>im</strong> Gesamtzusammenhang<br />

der Verfassunggebung gesehen werden. Als wesentlich ist dabei zu<br />

948 Schreiben des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen <strong>im</strong> Namen der Landesregierung v. 18.<br />

Dez. 2002.<br />

949 In diesen Zusammenhang sei auf eine abschließende Bemerkung von Prof. Dr. Bodo Pieroth verwiesen:<br />

„…Ich möchte dringend vor dem Vorschlag von Herrn Welnhofer warnen, in Artikel 71 – entsprechend Artikel 82 Grundgesetz –<br />

die Passage ‚…die nach dieser Landesverfassung zustande gekommen sind‛ einzufügen. Damit würde man der Landesregierung eine<br />

formelle Prüfungskompetenz einräumen. Das würde weit über das hinausgehen, was Artikel 67 bisher enthält. …“ (Ausschussprotokoll<br />

Hauptausschuss NW 13/1134 v. 05.02.2004, S. 26.).<br />

Es erscheint zumindest fraglich, inwieweit dieser Ansicht gefolgt werden kann. Nach ganz überwiegender Ansicht<br />

gewährt Artikel 67 der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen aus sowohl rein politischen als auch<br />

verfassungsrechtlichen Zweifeln heraus, Bedenken gegen ein Landesgesetz zu erheben. Ganz fraglos sind von<br />

letzterem Aspekt auch formelle Verfassungsfragen erfasst. (Vgl. Th. Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur<br />

Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 67, Rn 19; ebenso: Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm –<br />

Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen Art. 67, Rn 3).<br />

Insoweit erschließt sich nicht, was Bodo Pieroth mit diesen Ausführungen gemeint haben könnte.<br />

950 Vgl. Innenminister Menzel in: Stenographischer Bericht des VA, v. 27.11.1947, S. 52.<br />

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