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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

schalteten‛ Lesung könnte das fragliche Gesetz also inhaltlich verändert worden<br />

sein und somit ein veränderter Gesetzentwurf zur Abst<strong>im</strong>mung stehen. Macht<br />

sich der Landtag die Argumente der Landesregierung zu Eigen, beschließt die<br />

Landeslegislative das Gesetz also nunmehr in veränderter Form, gilt das Ursprungsgesetz<br />

durch den Landtag als aufgehoben. Seine Existenz ist nunmehr<br />

nicht nur mehr gehemmt, sondern der Landtag selbst, hat auf Anregung der Landesregierung<br />

hin diesem den ‚Todesstoß‛ versetzt. Insoweit hat die ‚Gegenvorstellung‛<br />

seitens der Landesregierung zum Erfolg geführt, da das ursprüngliche Gesetz<br />

beseitigt wurde. Faktisch kann dieser Rechtsfolge absolute Einspruchsqualität<br />

zuerkannt werden.<br />

Über diese Ergebnisvariante hinaus, stellt sich die Frage nach der Dauer des<br />

Moratoriums. Als unstrittig kann erachtet werden, dass das gesamte Gesetz infolge<br />

der Erhebung von Bedenken (auch gegenüber einzelnen Gesetzesaspekten)<br />

gehemmt ist. Hinsichtlich des Zeitpunktes der erneuten Beschlussfassung durch<br />

den Landtag enthält Art. 67 S. 2 LV NRW keine Vorgaben, so dass diesbezüglich<br />

auch keine Mindestfristen gelten. 941 In der Folge kann es theoretisch auch passieren,<br />

dass es zu gar keiner Zurückweisungsaktion gegenüber den Bedenken der<br />

Landesregierung kommt. Aus den unterschiedlichsten politischen Erwägungen<br />

heraus, die sich von totalem oder temporären Mehrheitsverlust bis hin zu gravierenden<br />

Meinungsdifferenzen innerhalb der Beschlussfraktionen erstrecken könnten,<br />

erscheint es denkbar, dass sich keine erneute Mehrheit findet, um das Gesetz<br />

zu bestätigen oder die Bedenken zurückzuweisen. 942 In einem solchen Fall würde<br />

die Hemmung faktisch dauerhafte Folgen haben und das ursprüngliche Gesetz der<br />

Ausfertigung und Verkündung vorenthalten bleiben. Dies käme einer absoluten<br />

Aussetzung des ursprünglichen Gesetzesbeschlusses gleich. Zu einer endgültigen<br />

und somit wirklich absoluten Vernichtung des ursprünglichen Beschlusses käme<br />

es in einer solchen Konstellation durch die verfassungsrechtliche Figur der ‚sachlichen<br />

Diskontinuität‛. Wie schon für Art. 42 Abs. 2 NV erläutert, könnte die ‚sachliche<br />

Diskontinuität‛ zum ‚Dahinscheiden‛ des ganzen gehemmten Gesetzes führen.<br />

Hat der Landtag zwar noch das ursprüngliche Gesetzgebungsunterfangen zu<br />

Ende gebracht, der Ablauf der Legislaturperiode aber eine erneute Beschlussfassung<br />

gegenüber den exekutiven Bedenken i.S.v. Art. 67 LV NRW in ‚nachgeschalteter‛<br />

dritter/vierter Lesung wegen des Ablaufs der Legislaturperiode unmöglich<br />

gemacht, muss das Gesetz als gescheitert angesehen werden. Diese Annahme träfe<br />

auch ohne nahendes Ende der Legislaturperiode zu, wenn der Landtag langfristig<br />

einfach nicht die politische Kraft zur Zurückweisung der Bedenken oder zur Bestätigung<br />

des ursprünglichen Gesetzes aufbringt. Infolge der ‚sachlichen Diskonti-<br />

941 Vgl. Vogels, in: Die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – Handkommentar, Art. 67, Rn 5; ebenso:<br />

Th. Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 67, Rn 14.<br />

942 Die Realitätsnähe und praktische Relevanz derartiger Szenarien in einem parlamentarischen Regierungssystem<br />

soll an dieser Stelle zunächst keine nähere Bewertung erfahren, sondern den diesbezüglichen verfassungspolitischen<br />

Erwägungen vorbehalten bleiben (Vgl. Kapitel E.).

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