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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

gegen den Senatswillen war in der mittleren Phase der Republik undenkbar, ein<br />

vorgebrachter Einspruch wurde stetig wieder zurückgezogen. In keinem der Fälle,<br />

in denen die Volkstribune von ihrem Interzessionsrecht Gebrauch machten, wurde<br />

das Funktionieren des Senatsreg<strong>im</strong>es auch nur entfernt in Frage gestellt. Aus<br />

Sicht des Senats handelte es sich durchweg um Routineangelegenheiten. Der Gebrauch<br />

des Interzessionsrechts gegen Senatsbeschlüsse war daher nicht wie vor<br />

den Ständeausgleichen auf Konfrontation ausgerichtet, sondern vielmehr kooperativ.<br />

71 Das Volkstribunat wurde zum Werkzeug der römischen Senatsgeschlechter.<br />

Dem Handeln der Tribunen ging sein revolutionärer Grundcharakter verloren und<br />

mit ihm die historische Legit<strong>im</strong>ation des eigentlich scharfen Interzessionsschwertes.<br />

Obwohl das Volkstribunat als Organ der Plebs eine vom Senat rechtlich unabhängige,<br />

für das Gesamtvolk fungierende Magistratur bilden sollte, kam es in den<br />

seltensten Fällen zum Einbringen plebejischer Interessen zulasten der Adelsgeschlechter.<br />

Die Tribunen schöpften nämlich die mit der „sacrosanctitas“ verbundene<br />

Obstruktionsenergie niemals wirklich zugunsten der Plebs aus, sondern verstanden<br />

ihr Amt als eine Art Sprungbrett zum Aufstieg in die Nobilität. Und so<br />

verwundert es auch nicht, dass die Kraftquelle, aus der sich die Macht der tribunizischen<br />

Interzession speiste, letztlich gänzlich versiegte. Als die Tribunen nämlich,<br />

über das Anbiedern be<strong>im</strong> Senat hinaus anfingen, aufgewiegelt durch diesen auch<br />

noch gegen die Ergebnisse der Volksentscheide zu intercedieren 72 , führten sie sich<br />

und ihren politischen Einfluss selber zum Schafott. Hierdurch brach zwar das zu<br />

diesem Zeitpunkt schon gefestigte Tribunat nicht sofort zusammen, es hatte sich<br />

jedoch seiner historischen Legit<strong>im</strong>ation selbst beraubt und war damit nur noch<br />

mehr oder weniger nützlicher Baustein der republikanischen Verfassung Roms,<br />

mit deren Ende es dann ohne nennenswerten Widerstand ausgelöscht werden<br />

konnte.<br />

Mit der Auflösung der Republik in ihrer Spätphase ging auch der Exitus der<br />

tribunizischen Interzession einher. Dieser Prozess ist mit dem Übergang zum<br />

Kaiserreich gleichzusetzen und spiegelte noch einmal in beispielhafter Weise das<br />

Versagen der Volkstribune be<strong>im</strong> Gebrauch ihres manifesten Interzessionsrechtes<br />

wider.<br />

Jener Entwicklungsprozess war zunächst von einem letzten, erfolglosen Aufbäumen<br />

des Volkstribunats geprägt. Die Volkstribunen Ti. und C. Gracchus versuchten<br />

in der Endphase der Römischen Republik aus dem Schatten des Senats<br />

hervorzutreten. Dabei wurde die Macht des Tribunats, basierend auf einer Idee<br />

der absoluten Volkssouveränität, zu Lasten der anderen römischen Institutionen<br />

ausgebaut und zielstrebig sogar nochmals eine populare Politik betrieben. Um eine<br />

solche erneute Revolutionsstrategie jedoch dauerhaft aufrechterhalten zu können,<br />

71 Kunkel/Wittmann, Staatsordnung und Staatspraxis der Römischen Republik – Die Magistratur, S. 605.<br />

72 Zur tribunicischen Intercession gegen die Rogationen – ausführlich: Kunkel/Wittmann, Staatsordnung und<br />

Staatspraxis der Römischen Republik – Die Magistratur, S. 594 ff (insb. S. 598).

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