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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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312<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

Legt man diese grundsätzlichen Erwägungen des Gesetzgebungsverfahrens in<br />

Nordrhein-Westfalen zugrunde, ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede zu<br />

den sonstigen Ländern oder der Normsetzung auf Bundesebene. Mit ihrer Regelung<br />

in Art. 67 weist die Landesverfassung allerdings eine Norm auf, welche den<br />

meisten übrigen <strong>deutschen</strong> Staatsgrundgesetzen prinzipiell fremd ist und deren<br />

Eigenarten eine nähere Betrachtung ob ihrer Vetoqualitäten notwendig machen.<br />

So heißt es in Art. 67 LV NRW:<br />

„Gegen ein vom Landtag beschlossenes Gesetz kann die Landesregierung innerhalb von zwei<br />

Wochen Bedenken erheben. Der Landtag entscheidet sodann, ob er den Bedenken Rechnung<br />

tragen will.“<br />

Als Grundaussage kann aus Art. 67 LV NRW zunächst eruiert werden, dass seinem<br />

Wortlaut nach der Landesregierung vorderhand das Recht verliehen wird,<br />

gegen ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz Bedenken zu erheben. Im ursprünglichen<br />

nordrhein-westfälischen Verfassungsentwurf sollte dieses Recht dem<br />

dort vorgesehenen Staatsrat eingeräumt werden. Im Rahmen der Verfassungsberatungen<br />

wurde aber die Idee eines eigenen Staatsrates verworfen. Das Ansinnen,<br />

einer exekutiven Instanz ein Einspruchsrecht gegen Legislativbeschlüsse zu verleihen,<br />

blieb offensichtlich dennoch bestehen. Infolgedessen wurde die dem Staatsrat<br />

zugedachte Einspruchskompetenz bei der Landesregierung angesiedelt. 876<br />

Pr<strong>im</strong>äre Zielstellung des exekutiven Rechtes aus Art. 67 LV NRW soll es sein,<br />

der Landesregierung die Möglichkeit einzuräumen, nach Gesetzesbeschluss eine<br />

erneute Beratung <strong>im</strong> Landtag anregen zu können und diesen somit zu einer<br />

nochmaligen sachlichen Überprüfung seines getätigten Gesetzesbeschlusses zu<br />

veranlassen. 877 Dieses Ansinnen wird dadurch erreicht, dass <strong>im</strong> Falle der Anwendung<br />

von Art. 67 LV NRW gemäß § 74 GOLT NRW 878 eine zusätzliche, quasi<br />

‚nachgeschaltete‛, dritte oder vierte Lesung <strong>im</strong> Plenum des Landtages anberaumt<br />

wird. Im Anschluss an diese erneute inhaltliche Befassung mit dem Gesetzesin-<br />

kann jedoch eine dritte Lesung beantragt werden (§ 73 GOLT NRW). Ansonsten werden nur das Haushaltsgesetz,<br />

Finanzausgleichsgesetze und Verfassungsänderungen in drei Lesungen beschlossen.<br />

876 Zur Entstehungsgeschichte des Art. 67 LV NRW und dem ursprünglichen Scheitern der Staatsratsinitiative:<br />

Th. Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 67, Rn 1 & 2.<br />

Zum diesbezüglichen historischen und politischen Hintergrund: Gr<strong>im</strong>m, Verfassungsrecht, in: Gr<strong>im</strong>m/Papier<br />

Nordrhein-westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, S. 8- 10. Nähere ausführliche Erwägungen zu den verschiedenen<br />

Phasen der Entstehung der nordrhein-westfälischen Landesverfassung finden sich in großer Ausführlichkeit<br />

bei: Dästner, Nordrhein-Westfalens Verfassung: Entstehung–Profil–Entwicklung, in: Konflikt und<br />

Konsens – 50 Jahre Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, S. 11-56; ebenso, mit detailreicher Darstellung der<br />

Verfassungsprotagonisten und derer Entwürfe: W. Kringe, Machtfragen, Die Entstehung der Verfassung für das<br />

Land Nordrhein-Westfalen 1946-1950.<br />

877 Vgl. Dästner, in: Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen-Kommentar, Art. 67; Th. Mann, in: Löwer/Tettinger,<br />

Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 67, Rn 2.<br />

878 § 74 GOLT NRW (Stand: 15.03.2006): „(1) Eine weitere Lesung ist erforderlich, wenn die Landesregierung<br />

gemäß Artikel 67 der Landesverfassung gegen ein vom Landtag beschlossenes Gesetz Bedenken erhoben hat. (2)<br />

Der Landtag kann eine zusätzliche Ausschussberatung beschließen. Die Überweisung an den zuständigen Ausschuss<br />

kann auch ohne Beschluss des Landtags durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten erfolgen.“

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