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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

Aussetzungsverlangen als unüberwindbaren Aspekt des Gesetzgebungsverfahrens<br />

zu verstehen und es somit zu dessen Teil zu erheben. Das fakultative Moment <strong>im</strong><br />

exekutiven Verlangen macht deutlich, dass es ein Ausnahme- und eben kein Teilnahmerecht<br />

darstellt. Als fraglich erweist sich dennoch, inwieweit die den <strong>Vetorechte</strong>n<br />

innewohnende Unterminierung stattfindet; inwieweit also durch das Aussetzungsverlangen<br />

eine Vernichtung des Zielobjekts einsetzt.<br />

Aus der den Verfassungsmaterialien zu entnehmenden Motivlage geht hervor,<br />

dass mittels des Rechtes aus Art. 42 Abs. 2 NV „Dummheitsbeschlüsse“ des<br />

Landtags verhindert werden können sollen. Betrachtet man allerdings den einzigen<br />

Anwendungsfall <strong>im</strong> Jahr 1975 und legt zudem die Grundfunktionsweise des<br />

parlamentarischen Regierungssystems zugrunde, wird deutlich, dass die Möglichkeit<br />

einen Gesetzesbeschluss für 30 Tage dem Beschluss zu entziehen eigentlich<br />

keine vernichtende Wirkung entfalten kann. Nach Ablauf der Hemmungsfrist<br />

beschließt das Parlament wie vorgesehen das Gesetz. Sicherlich kann die <strong>Exekutive</strong><br />

versuchen argumentativ auf die Legislative einzuwirken. Dies wird insbesondere<br />

eine Minderheitsregierung sicherlich auch öffentlichkeitswirksam zu tun versuchen.<br />

Wirklich autark verhindern kann sie den Gesetzesbeschluss nach Ablauf der<br />

Karenzfrist aber nicht. Zumal ein mehrmaliger Einsatz von Art. 42 Abs. 2 NV,<br />

wie oben aufgezeigt, wider die Grundregeln des Parlamentarismus liefe.<br />

Nur ein Fall ist denkbar, in welchem das Aussetzungsverlangen der Landesregierung<br />

tatsächlich vernichtenden Charakter entfalten könnte: Am Ende einer<br />

Wahlperiode könnte die ‚sachliche Diskontinuität‛ 870 dazu führen, dass es schon<br />

gar nicht mehr zum Gesetzesbeschluss kommt. Allerdings allein hieraus auf die<br />

Vetoqualität schließen zu wollen, verkennt die Natur der sachlichen Diskontinuität.<br />

Es handelt sich dabei nämlich nicht um eine Verfassungsregel <strong>im</strong> Sinne geschriebenen<br />

Verfassungsrechts. Vielmehr stellt Diskontinuität eine allen <strong>deutschen</strong><br />

parlamentarischen Verfassungen hinzugedachte Parlamentsregel dar, welche teilweise,<br />

wie in § 125 GOBT 871 , in die Geschäftsordnung aufgenommen wurde 872 .<br />

Die neue parlamentarische Mehrheit soll sich nicht mehr mit den liegen gebliebenen<br />

Gesetzentwürfen der vorausgegangen Legislaturperiode befassen müssen. Hat<br />

die vorherige Legislative aus zeitlichen oder sonstigen Gründen nicht die Kraft<br />

gefunden, einen Entwurf zum Gesetz werden zu lassen, muss sich das neue Parlament<br />

damit nicht mehr beschäftigen. Die faktische Vernichtungsfolge jenes<br />

Verfassungsgewohnheitsrechts kann zwar zur Uminterpretation eines suspensiven<br />

Vetos in ein absolutes führen, jedoch nicht als einziger substantieller Grund für<br />

eine Vetoexistenz angeführt werden.<br />

870 Zum Inhalt der ‚sachlichen Diskontinuität‛ – Vgl. s.o. Hömig/Stoltenberg, Probleme der sachlichen Diskontinuität,<br />

in: DÖV 1973, 689 ff; Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität in der parlamentarischen Demokratie,<br />

in: JöR 27 (1978), 75 ff; Schneider, Gesetzgebung, S. 83 ff.<br />

871 §125 GOBT - Unerledigte Gegenstände: „Am Ende der Wahlperiode des Bundestages gelten alle Vorlagen als<br />

erledigt. Dies gilt nicht für Petitionen und für Vorlagen, die keiner Beschlußfassung bedürfen.“.<br />

872 So auch in Niedersachsen, wo § 21 S. 1 GO-LT Nds. folgendes best<strong>im</strong>mt: „Sind Vorlagen am Ende der<br />

Wahlperiode nicht abschließend behandelt, so gelten sie als erledigt. […].

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