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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

Merkmalen weniger dem Aspekt der Zerstörung eines durch Gesetzesbeschluss<br />

manifestierten Parlamentswillens, sondern vielmehr einem anderen Institut, nämlich<br />

dem der Geschäftsordnungsrechte. Vergleichbar mit den parlamentarischen<br />

„Geschäftsordnungstricks“ soll auch hier die Möglichkeit eines Fallstricks für ein<br />

politisch nicht gewolltes Gesetz offeriert werden. Mit dem Einsatz dieses Rechtes,<br />

ergeben sich wiederum die Konsequenzen von Transparenz, Debatier- und Begründungsverpflichtung.<br />

Betrachtet man den einzigen Anwendungsfall von 1975,<br />

wird deutlich, dass die damalige SPD/FDP-Landesregierung versuchte mit einem<br />

‚Geschäftsordnungstrick‛, über ihren temporären Mehrheitsverlust hinwegzukommen.<br />

Dies ist genau das Unterfangen, welches die Regierungsmehrheit ansonsten<br />

bei nicht ausreichender Abgeordnetenzahl <strong>im</strong> Plenum mit der Verweisung<br />

in die Ausschüsse oder der Einberufung des Ältestenrates zu erreichen versucht.<br />

Gleichsam zielt die mit dem Aussetzungsverlangen einhergehende erneute Ausschussberatung<br />

darauf ab, neue Argumente bezüglich eines Gesetzes auf fachlicher<br />

Ebene gewichten und würdigen zu können. Dies entspricht dem hehren<br />

Ausgangsziel des Art. 33 Abs. 2 VNV, sog. „Dummheitsbeschlüsse“ verhindern<br />

zu können.<br />

Alles in allem handelt es sich also be<strong>im</strong> Aussetzungsverlangen der Landesregierung<br />

um einen Verfahrensaspekt der laufenden Gesetzgebung. Infolgedessen gilt<br />

die gleiche conclusio wie be<strong>im</strong> ersten Vorverfahren von Art. 113 GG: Der<br />

Grundcharakter des Aussetzungsverlangens sollte zu der Auffassung führen, dass<br />

das erste Vorverfahren kein suspensives Vetorecht darstellt, sondern lediglich eine<br />

dilatorische Verfahrensregelung, wie sie typischer Weise parlamentarischen Geschäftsordnungen<br />

zu eigen ist. Ein Vetorecht kann nur vorliegen, wenn das Parlament<br />

sich selbst durch seinen Beschluss gebunden hat und die <strong>Exekutive</strong> diesen<br />

Beschluss zu unterminieren oder zu sabotieren versucht. Wenn die niedersächsische<br />

Landesregierung den Landtag zwingt, 30 Tage keinen Gesetzesbeschluss zu<br />

fassen, und sich mit den exekutiven Argumenten bezüglich des gehemmten Gesetzes<br />

beschäftigen muss, dann handelt es sich lediglich um ein Verfahrensrecht<br />

wie es Geschäftsordnungen kennen und nicht um ein suspensives Vetorecht.<br />

An dieser Feststellung ändert sich auch nichts, wenn man zugrunde legt, dass<br />

der Einbau jenes Aussetzungsverlangens auf einer fragwürdigen Parlamentarismusskepsis<br />

fußte, wie man sie nur in We<strong>im</strong>arer Verfassungszeiten oder <strong>im</strong> Kaiserreich<br />

vermuten würde. Mit einem demokratischen Parlamentarismus hat Art. 42<br />

Abs. 2 NV nichts zu tun. Selbst wenn das Argument des Abgeordneten Möllring<br />

greift, dass der Landtag einen in der Regel exekutiv initiierten Gesetzentwurf „entstellen“<br />

könnte. So bedarf es keines momento mori mittels welchem die Landesregierung<br />

die empfundene Sabotage wieder „ausbügeln“ können sollte. Vielmehr<br />

hätte der Niedersächsische Verfassungsgeber 1993 erkennen müssen, dass die<br />

legislative ‚Verunstaltung‛, wie sie der Abgeordnete Möllring befürchtete, eines der<br />

originären parlamentarischen Rechte ist.<br />

Als des Weiteren fraglich erscheint die Vetoqualität bezüglich der negativen<br />

Unterminierung des Gesetzesbeschlusses. Grundsätzlich verfehlt wäre es, das<br />

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