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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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302<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

Motiv „Dummheitsbeschlüsse“ 851 verhindern zu wollen, ähnelt den Motivlagen<br />

des Art. 113 GG, wo ein unverantwortliches Haushaltsgebaren des Parlaments<br />

verhinderbar sein soll.<br />

Betrachtet man die Debatten um den einzigen eruierbaren Anwendungsfall,<br />

fällt jedoch auf, dass es der damaligen Landesregierung gar nicht darum ging, einen<br />

„dummen/unverantwortlichen“ Landeshaushalt zu verhindern. Auch war es<br />

erkennbar nicht die Motivlage der Regierung, durch die Verzögerung dem Landtag<br />

Zeit zum Nachdenken über eine abweichende exekutive Gegenargumentation zu<br />

geben. Vielmehr übernahmen es die Regierungsfraktionen selbst, das auf „staatspolitische“<br />

Zwänge begründete Aussetzungsverlangen zu verteidigen. Nicht die<br />

exekutive Wissensüberlegenheit sollte eine Chance erhalten, überdacht werden zu<br />

können, sondern das temporäre Absinken unter die Schwelle der absoluten Mehrheit<br />

sollte ‚vertuscht‛ werden.<br />

Dabei kam es zum üblichen kollusiven Zusammenwirken zwischen exekutiver<br />

Regierungsseite und legislativen Regierungsfraktionen <strong>im</strong> Landesparlament. Mittels<br />

einer Art „Geschäftsordnungstrick“ sollte verhindert werden, dass der Verlust<br />

der politischen Handlungsmehrheit zu faktisch irreversiblen Konsequenzen führen<br />

würde, wie sie gerade mit der Haushaltsgesetzgebung verbunden sind. Überdies<br />

ging es der damaligen SPD/FDP-Landesregierung offensichtlich auch darum,<br />

die knapp errungene politische Mehrheit vor den Augen der Wähler nicht zu verlieren<br />

und als quasi handlungsunfähig dazustehen.<br />

All diese eruierbaren Beweggründe haben allerdings nichts mit der sich aus der<br />

„Parlamentarismusskepsis“ speisenden Grundmotivation dieses Aussetzungsverlangens<br />

zu tun, welches nachweislich vor allem sog. „Dummheitsbeschlüsse“ verhindern<br />

können sollte. Das Recht aus Art. 33 Abs. 2 VNV/Art. 42 Abs. 2 NV<br />

wurde somit zweckentfremdet, was den politischen Aufschrei der parlamentarischen<br />

Opposition verständlich macht. Nicht der exekutive Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren<br />

wurde gesichert, sondern das originär exekutiv erdachte<br />

Recht zum Erhalt der legislativen Handlungsfähigkeit ‚missbraucht‛. Das dies<br />

insbesondere be<strong>im</strong> Haushaltsgesetz dem ‚Königsrecht‛ des Parlaments, der Fall<br />

war, desavouiert den Vorgang <strong>im</strong> besonderen Maße.<br />

Es bedarf <strong>im</strong> Grundsatz auch keines solchen Rechtes, welches der <strong>Exekutive</strong><br />

Gehör bei der Landesgesetzgebung verleiht. Im Fall einer parlamentarischen<br />

Mehrheitsregierung bekommt die <strong>Exekutive</strong> durch das faktische Initiativpr<strong>im</strong>at 852<br />

851 Auf diese Motivlage wird auch heute noch in der einschlägigen Kommentierung zur Landesverfassung verwiesen.<br />

– Vgl. Neumann, Die Niedersächsische Verfassung – Handkommentar, Art. 42, Rn 10.<br />

852 Zu dem, dem eigentlichen Initiativverfahren „vorgeschalteten“ Beginn des Gesetzgebungsverfahrens in den<br />

Ländern und dem Bund, stellt der Verfassungsrechtler Dieter Gr<strong>im</strong>m fest: „…Das Verfassungsrecht pflegt den Gesetzgebungsprozeß<br />

erst ab dem Stadium der förmlichen Gesetzesinitiative zu regeln. Der Initiative gehen freilich wichtige politische Etappen<br />

der Gesetzesforderung aus dem gesellschaftlichen, politischen oder administrativen Bereich, der Gesetzesausarbeitung in der Ministerialbürokratie<br />

und der Gesetzesabst<strong>im</strong>mung innerhalb der beteiligten Ressorts und des Kabinetts sowie nach außen mit den betroffenen<br />

Gruppen voraus, in denen wesentliche, oft nur schwer korrigierbare Vorentscheidungen fallen. …“.<br />

Allein die jeweilige <strong>Exekutive</strong> weist mit ihrer Ministerialbürokratie die notwendigen Kapazitäten auf, um diese<br />

vom Verfassungsrecht nicht förmlich geregelten, wohl aber vorausgesetzten Stadien zu organisieren. Als Folge

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