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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Vetoansatzpunkte in den Landesverfassungen<br />

warten, irrt er sich jedoch. Die Unfähigkeit der Regierungsseite mehrheitlich einen<br />

(besser: ihren) parlamentarischen Willen zu kreieren, führt zwar dazu, dass es auch<br />

keinen anderen parlamentarischen Willen gibt. Gleichsam hat also die dauerhafte<br />

oder zumindest längerfristige Nichtwiederherstellung der Mehrheitsfähigkeit die<br />

faktische Konsequenz, dass die Regierungsseite von der Kreationsmöglichkeit<br />

parlamentarischer Gesetze amputiert ist. Dies wäre in Anbetracht des Gesetzesvorbehaltes<br />

nicht nur in Haushaltsfragen, sondern für die gesamte Staatsleitung <strong>im</strong><br />

Bundesland ein unhaltbarer Zustand, welcher der Regierungsunfähigkeit gleichkäme.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch die vom Abgeordneten Hasselmann<br />

(CDU) aufgeworfene Fragestellung nach der Motivation, welche der Möglichkeit<br />

des Aussetzungsverlangens zugrunde liegt. Vollkommen zu Recht fragte er danach,<br />

ob es der Landesverfassungsgeber mit dieser Regelung in der Vorläufigen<br />

Niedersächsischen Verfassung tatsächlich bezweckte, der amtierenden Landesregierung<br />

<strong>im</strong> Falle einer Indisponiertheit in Mehrheitsfragen ‚Luft zu verschaffen‛.<br />

Betrachtet man die niedersächsischen Verfassungsmaterialien muss man wohl zu<br />

einem anderen Schluss kommen. So war es bei der Entstehung der ersten Landesverfassung<br />

nachweislich das Ziel der SPD, mit dem Aussetzungsverlangen<br />

„Dummheitsbeschlüsse“ des Parlaments verhindern zu können. 847 Die Einführung<br />

des Aussetzungsverlangens ist dabei erwiesenermaßen sogar die abgeschwächte<br />

Variante zu einem echten Gesetzgebungsveto, wie es der Regierungsentwurf<br />

unter Federführung des damaligen Ministerpräsidenten Kopf (SPD) vorsah.<br />

848 Zur diesbezüglichen Motivlage eines sich <strong>im</strong> SPD-Verfassungsentwurfs<br />

widerspiegelnden „verhaltenen Parlamentarismusverständnisses“ führt Jörg-Detlef<br />

Kühne aus: „…In Abweichung vom Grundgesetz zeigte sich damit, wenn auch etwas abgeschwächter<br />

(<strong>im</strong> Verhältnis zu den vorherigen Verfassungsentwürfen), der Grundton von Parlamentarismusskepsis…“.<br />

849<br />

Auch wenn diese ursprüngliche Regierungsvorlage <strong>im</strong> weiteren Verfahren 850<br />

der Verfassunggebung zugunsten einer stärkeren Parlamentarisierung modifiziert<br />

wurde und aus dem Ansinnen eines echten suspensiven Gesetzesvetos das Aussetzungsverlangen<br />

wurde, wie es vormals Art. 33 Abs. 2 VNV und heute Art. 42<br />

Abs. 2 NV beinhalten, bleibt wohl doch die Motivlage zurück, sog. „Dummheitsbeschlüsse“<br />

des Parlaments zumindest verzögern zu können und sie somit vorerst<br />

zu verhindern.<br />

Pr<strong>im</strong>äres Ziel der den Verfassungsprozess maßgeblich determinierenden Landesregierung<br />

um Ministerpräsident Kopf war offensichtlich eine starke und einflussreiche<br />

<strong>Exekutive</strong>, die der Legislative überlegen sein sollte. Insbesondere das<br />

847 Vgl. Abgeordneter Böhme (SPD) in: Materialien zur Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung Bd. I, S. 401.<br />

848 Vgl. Nds. LT-Drs. 1. WP, Nr. 2073 v. 26. Mai 1950.<br />

849 Kühne, Die Entstehung des Landes Niedersachsen und seiner Verfassung, in: Brandt/Schinkel, Staats- und<br />

Verfassungsrecht für Niedersachsen, S. 58.<br />

850 Vgl. Kühne, Die Entstehung des Landes Niedersachsen und seiner Verfassung, in: Brandt/Schinkel, Staats-<br />

und Verfassungsrecht für Niedersachsen, S. 61.<br />

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