Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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284 D. Vetos im aktuellen deutschen Verfassungssystem Art. 77 und 78 GG einnimmt, in keinem Fall eine Externe gegenüber dem Gesetzgebungsverfahren. (3) Negative Unterminierung von Legislativgebaren? Über die Verneinung der Vetokomponenten ‚Exekutiv‛ und ‚Extern‛ hinaus stellt sich auch der Aspekt der negativen Unterminierung als fraglich dar. Wenn, wie hier herausgearbeitet, der Bundesrat im Vermittlungsverfahren versucht, Einfluss auf den Gesetzesinhalt zu nehmen, was ihm in der Regel zwar gegen die regierungstragenden Vermittlungsausschussmitglieder aus dem Bundestag nicht gelingt, wiederum andererseits nicht schon von vornherein ausgeschlossen ist 817 und des Weiteren beim Zustimmungsgesetz dessen Zustandekommen gar von seinem Plazet abhängt, dann erscheint die Möglichkeit einer negativen Unterminierung schon denklogisch nicht gegeben. Allein bei den Einsprüchen, könnte von einer oberflächlichen Betrachtung aus gesehen, argumentiert werden, dass die Suspendierung negativen Charakter hätte. Immerhin wird der Gesetzesbeschluss des Bundestages unterminiert. Zumindest erreicht der Bundesrat hiermit in jedem Fall eine zeitliche Verzögerung, die sich unter den Aspekt der ‚Diskontinuität‛ sogar faktisch zur inhaltlichen Vernichtung des fraglichen Gesetzes ausbauen kann. Bei näherer Betrachtung wird jedoch sehr schnell deutlich, auch bei den Einsprüchen geht es in der Regel vor allem um ein Druckmittel, mittels welchem die inhaltliche Einflussnahme im Vermittlungsausschuss flankiert wird. Die Länder sollen und wollen nicht einfach nur Bundesgesetze verhindern. Der „Vorbehalt des Gesetzes“ 818 erfordert auch für die Landesbehörden, deren Regelungsmaterien sich aus den Bereichen der Bundesgesetzgebungskompetenz speisen, normative Ermächtigung. Daher ist es i.d.R im Interesse der Länder, das die entsprechenden Gesetze auch zustande kommen. Gründe hierfür können schon darin liegen, dass diese Bundesgesetze über die Qualität von Ermächtigungsgrundlagen weit hinausgehen und z.B. auch Leistungsgesetze für die eigenen „Landeskinder“ darstellen könnten oder die Bereitstellung von Bundesmitteln für Projekte beinhalten, von denen auch die Länder unmittelbar oder mittelbar profitieren. Aufgrund des umfassenden „kooperativen Bundesstaates“ 819 können es sich die Länder gar nicht leisten, sich auf einen rein negativen, weil verneinenden Einspruch zu verlegen. Sie müssen dieses Verfahrensrecht vielmehr nutzen, um inhaltlichen Einfluss auf die i.d.R. auch sie betreffenden bundesgesetzlichen Normen zu bekommen. 817 Vgl. F. Ossenbühl, Verfahren der Gesetzgebung (§63), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. III, Rn 45. 818 Zum Inhalt und zur Bedeutung des „Vorbehalts des Gesetzes“ für den Rechtsstaat i.S.d. Grundgesetzes: F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes (§62), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. III, S. 315 ff. 819 Zum Begriff des „kooperativen Bundesstaates“ und den diesem zugrunde liegenden Unitarisierungstendenzen i.S.v. Konrad Hesse: Herzog, Stellung des Bundesrates im demokratischen Bundesstaat (§44), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. II, Rn 12/13, m.w.N. .

I. Vetoansatzpunkte im Grundgesetz Dieser Aspekt der Gesetzespartizipation wohnt daher nicht nur den Zustimmungsgesetzen inne, sondern lässt sich ebenfalls für die Einspruchsgesetze nicht negieren. Auch im Bereich der Einsprüche offenbart sich die legislative Mitwirkungskomponente des föderativen Verfassungsorgans Bundesrat in ganzer Größe. Wenn jedoch Teilhabe am Gesetzgebungsprozess das erklärte Ziel des Bundesratsverfahrens ist, dann können die sich hieraus ergebenen diesbezüglichen Rechte keinen negativen Unterminierungscharakter haben, sondern stellen positive Partizipation und Mitbestimmung dar. Im Ergebnis lässt sich also feststellen: Den suspensiven und absoluten Mitwirkungsrechten des Bundesrates kann zum einen wegen fehlender exekutiver Natur und zum anderen wegen des Charakters interner legislativer Teilnahme am Gesetzgebungsverfahren des Bundes keine Vetogüte zugesprochen werden. Hieran ändert auch der unzählige Wortgebrauch sowohl im rechtswissenschaftlichen als auch im politologischen Schrifttum nichts. Die Verfahrensrechte des Bundesrates aus Art. 77 und 78 GG entbehren der dem ius intercessionis entspringenden Vetoqualität. In der Folge ist deren Bezeichnung als Veto nicht nur missverständlich, sondern falsch. 285

I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

Dieser Aspekt der Gesetzespartizipation wohnt daher nicht nur den Zust<strong>im</strong>mungsgesetzen<br />

inne, sondern lässt sich ebenfalls für die Einspruchsgesetze nicht<br />

negieren. Auch <strong>im</strong> Bereich der Einsprüche offenbart sich die legislative Mitwirkungskomponente<br />

des föderativen Verfassungsorgans Bundesrat in ganzer Größe.<br />

Wenn jedoch Teilhabe am Gesetzgebungsprozess das erklärte Ziel des Bundesratsverfahrens<br />

ist, dann können die sich hieraus ergebenen diesbezüglichen Rechte<br />

keinen negativen Unterminierungscharakter haben, sondern stellen positive Partizipation<br />

und Mitbest<strong>im</strong>mung dar.<br />

Im Ergebnis lässt sich also feststellen: Den suspensiven und absoluten Mitwirkungsrechten<br />

des Bundesrates kann zum einen wegen fehlender exekutiver Natur<br />

und zum anderen wegen des Charakters interner legislativer Teilnahme am Gesetzgebungsverfahren<br />

des Bundes keine Vetogüte zugesprochen werden. Hieran<br />

ändert auch der unzählige Wortgebrauch sowohl <strong>im</strong> rechtswissenschaftlichen als<br />

auch <strong>im</strong> politologischen Schrifttum nichts. Die Verfahrensrechte des Bundesrates<br />

aus Art. 77 und 78 GG entbehren der dem ius intercessionis entspringenden Vetoqualität.<br />

In der Folge ist deren Bezeichnung als Veto nicht nur missverständlich,<br />

sondern falsch.<br />

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