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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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282<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

Quasi-Legislativorgans 809 gleicht und als solche auch konzipiert ist. Allein schon<br />

der Teilhabeanspruch am Zustandekommen des Gesetzes macht die legislative<br />

D<strong>im</strong>ension aus. Das was der Bundesrat mit seinem Einspruch oder seiner Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung<br />

tut, ist Gesetzgebung. 810 Gesetzgebung ist jedoch die<br />

klassische Funktion von Parlamenten. 811 Dementsprechend kann der Charakter<br />

des Bundesrates auch nicht als exekutiv, sondern muss zumindest für den vetorelevanten<br />

Bereich als legislativ erachtet werden.<br />

Mithin fehlt es dem Bundesrat schon an dem Definitionskriterium der exekutiven<br />

Unterminierung legislativer Beschlüsse.<br />

(2) Kriterium: Externe Unterminierung<br />

Neben den bisherigen Erwägungen, welche den Einspruchs- und Zust<strong>im</strong>mungsverweigerungsrechten<br />

den exekutiven Charakter absprechen, erweisen sich auch<br />

die verbleibenden Vetodefinitionsmerkmale in Bezug auf die Verfahrensrechte des<br />

Bundesrates als fraglich. Ausgangspunkt der diesbezüglich genaueren Analyse soll<br />

die Klassifikation des Bundesrates <strong>im</strong> System des Gesetzgebungsverfahrens sein.<br />

Entgegen anders lautender Erwägungen <strong>im</strong> Schrifttum erweist es sich gerade für<br />

die Vetobetrachtungen als sehr hilfreich, die Rechtsnatur und Einordnung des<br />

Bundesrates <strong>im</strong> Verfassungsgefüge dezidiert heraus zu arbeiten. 812<br />

809 Vgl. Stern, Staatsrecht, Band II, §27 II 2 c, der den Bundesrat als „Legislativorgan sui generis“ bezeichnet.<br />

810 Bestätigt wird diese Sichtweise der Bundesratseinpassung in das Gesetzgebungsverfahren des Bundes durch<br />

das Bundesverfassungsgericht. Jeweils <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Ausübung und Einhegung der Rechte des<br />

Vermittlungsausschusses stellt das BVerfG zwar die zentrale Rolle des Bundestages <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

heraus, gleichsam belegt die Kompetenzverteilungsanalyse des BVerfG, mittelbar die grundsätzliche Partizipation<br />

des Bundesrates an der Bundesgesetzes. – Vgl. BVerfGE 101, 297 (306):„…Der Vermittlungsausschuß ist kein<br />

Entscheidungsorgan, sondern gibt Empfehlungen für die Entscheidungen der Gesetzgebungsorgane Bundestag und Bundesrat.<br />

…“<br />

Vgl. BVerfGE 112, 118 = NJW 2005, 203 (206): „…Der verfassungsrechtliche Auftrag des Vermittlungsausschusses liegt<br />

darin, zwischen dem Bundestag und dem Bundesrat einen substantiellen Ausgleich widerstreitender Positionen <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

herbeizuführen. …“<br />

Vgl. aus dem Jahr 2009: BVerfG 2 BvR 758/07 v. 08. Dez. 2009 = DVBl. 2010, 308 ff: „…Die andernfalls eintretende<br />

Verlagerung des Zentrums der politischen Entscheidung in den Ausschuss und die damit verbundene Entparlamentarisierung der<br />

Gesetzgebung wären unvereinbar mit der Kompetenzverteilung zwischen den Gesetzgebungsorganen, den Rechten der Abgeordneten,<br />

der Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und der von ihr abhängigen demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung (vgl.<br />

BVerfGE 101, 297 ; 120, 56 ). Die Kompetenzverteilung <strong>im</strong> Verhältnis zwischen den Gesetzgebungsorganen<br />

weist dem Deutschen Bundestag die entscheidende Funktion <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren zu: Die Bundesgesetze werden nach Art. 77<br />

Abs. 1 Satz 1 GG vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat ist demgegenüber auf die Mitwirkung bei der Gesetzgebung<br />

des Bundes beschränkt (Art. 50 GG); er kann durch einen Einspruch oder die Verweigerung einer erforderlichen Zust<strong>im</strong>mung<br />

Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. …“<br />

Diese verfassungsrechtliche Einordnung des Bundesrates wird in der politischen Klasse der Republik offenkundig<br />

negiert. In der Folge führt dies zu missverständlichen Bezeichnungen der Destruktionsenergie der Bundesratsrechte.<br />

Anschaulich wird jene Fehldeutung in einem Interview der Bundeskanzlerin Angela Merkel in der<br />

Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wo sie dezidiert ausführt „Der Bundesrat ist kein Parlament, sondern vertritt Länderinteressen“<br />

– Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, v. 25. Februar 2010 S. 3.<br />

811 Vgl. v. Beyme, Der Gesetzgeber. Der Bundestag als Entscheidungszentrum; Ismayr, Der Deutsche Bundestag<br />

<strong>im</strong> politischen System der Bundesrepublik, S. 216 ff.<br />

812 Es ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit zu beurteilen, inwieweit es für andere rechtswissenschaftliche Bereiche<br />

sinnstiftend sein könnte die Systemeinordnung des Bundesrates genauer vorzunehmen, als es das Schrifttum

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