22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

sich weder vor ihrem Landtag noch vor dem Wähler rechtfertigen müssen. […] Sie kann notfalls<br />

das Votum der Wähler relativieren. …<br />

Pointiert wird das Ergebnis dieser Konstellation noch einmal zusammengefasst:<br />

…Die Bundesratsmitglieder verfügen <strong>im</strong> Bundesorgan Bundesrat über keine demokratische<br />

Legit<strong>im</strong>ation. […] Verfassungspolitisch geht es ausschließlich um den ‚Rang‛ der Volksvertretung<br />

<strong>im</strong> Bund. Da sie sich nicht <strong>im</strong>mer, aber doch in vielen entscheidenden Fragen dem Bundesrat<br />

anpassen oder sogar vor ihm zurückstecken muß, ist ihr Rang geschmälert. Das wird nicht<br />

sichtbar solange der kooperative Föderalismus funktioniert […] Ist das nicht der Fall, geht es<br />

mithin um reale Macht, dann ist <strong>im</strong> Bund die Mehrheitsherrschaft nicht durch die Verfassung<br />

und das diese schützende Bundesverfassungsgericht begrenzt, sondern <strong>im</strong> Zweifel eben durch eine<br />

andere Mehrheit ohne Legit<strong>im</strong>ation. Dies mag die Machtverteilung – den Inkrementalismus der<br />

Politik fördern, es trägt aber doch zur Entmachtung des Parlaments bei, zur Bedrohung seiner<br />

wichtigsten originären Kompetenz. …“ 783<br />

Zweifelsohne sind die somit erhobenen Vorwürfe vor allem erst einmal politologischer<br />

Natur. Auch steht fest, dass die Mitglieder des Bundesrates allesamt eine<br />

zumindest mittelbare demokratische Rückkopplung an den Souverän erfahren,<br />

was den Vorwürfen auf den ersten Blick die revolutionäre Dramaturgie n<strong>im</strong>mt.<br />

Dennoch wird unter der Wucht des mittels des Illegit<strong>im</strong>itätsvorwurfes geführten<br />

Angriffs eines deutlich: Die Rolle, die der Bundesrat <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren<br />

des Bundes spielt, ist nur solange für alle Seiten erträglich, wie der Einsatz seiner<br />

Verhinderungswaffen gegenüber dem parlamentarischen Beschluss offenkundig<br />

dem Schutz der Länderinteressen dient. Die Struktur des bundesrepublikanischen<br />

Parteienstaates macht es jedoch oftmals nur schwerlich möglich zu ergründen,<br />

inwieweit diese Gründe nur vorgeschoben sind. Faktische Folge des Einspruchs<br />

und noch mehr der verweigerten Zust<strong>im</strong>mung des Bundesrates ist die Unterminierung<br />

bzw. die Herausforderung des demokratischen Mehrheitswillens, wie ihn<br />

die Verhältnisse <strong>im</strong> Bundestag wiederspiegeln.<br />

Unter Legit<strong>im</strong>ationsaspekten ist das, was der Bundesrat zu bieten hat, lediglich<br />

ein bunt zusammen gewürfeltes unchronologisches Konglomerat von Landtagswahlergebnissen.<br />

Diese sind womöglich bundespolitisch intendiert, was aber nicht<br />

ausschließt, dass die Entscheidung der Wähler landesspezifische Ursachen hatte.<br />

Überdies kann diese Anhäufung von Einzelergebnissen zu keiner Zeit wirklich für<br />

sich in Anspruch nehmen, die tatsächliche politische St<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> gesamten<br />

Bundesgebiet zu reflektieren. Mithin hat der Bundesrat über den viel gepriesenen<br />

exekutiven Sachverstand seiner Länderadministrationen 784 hinaus nicht viel an<br />

Aspekten beizusteuern, welche den Angriff auf die Parlamentsmehrheit legit<strong>im</strong><br />

erscheinen ließen. Es wird zwar allenthalben darauf hingewiesen, dass es nur we-<br />

783 Ellwein/Hesse, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 297-299.<br />

784 Vgl. Johne, Bundesrat und parlamentarische Demokratie, in: APuZ 2004, 10 (10); ebenso: Herzog, Stellung<br />

des Bundesrates <strong>im</strong> demokratischen Bundesstaat (§44), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. II, Rn 21.<br />

273

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!