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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

prägter Individualität“ 765 wurde ein neues Staatsgebilde geschmiedet. Bei dessen<br />

Entstehung wurde jedoch nicht versucht, die gewachsenen feudalen Strukturen zu<br />

vernichten, sondern diese für den Gesamtstaat in Dienst zu stellen. Der sich dann<br />

bahnbrechende Weg hin zum Bundesstaatsprinzip war wohl weniger dem Wunsch<br />

geschuldet, der horizontalen Staatsleitung noch eine Vertikale an die Seite zu stellen,<br />

sondern vielmehr aus der Not geboren, die starken <strong>deutschen</strong> Fürsten inkorporieren<br />

zu müssen. Ohne deren Zust<strong>im</strong>mung wäre die Reichseinheit undenkbar<br />

gewesen. Dementsprechend bedurfte es in dem sich formenden Bundesstaat einer<br />

Mitwirkungsmöglichkeit der Gliedstaaten an der Willensbildung des Bundes. Die<br />

Art und Weise, in welcher eine derartige Partizipation vonstattengehen konnte,<br />

erweist sich bei der Verfassungsgenese der föderalen Strukturen anderer Nationen<br />

als vielfältig. Auch bei der Entstehung der Vorläuferverfassungen des Grundgesetzes<br />

waren die diesbezüglichen Modelle hoch umstritten. 766 Als tragfähige Lösung<br />

erwies sich das deutsche ‚Bundesratsmodell‛, welches von Anfang an als „die<br />

eigentümlichste Institution des Deutschen Reiches“ 767 oder sogar „als einzigartiges<br />

Organ in der Welt“ 768 galt.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg erwies es sich bei der Entstehung des Grundgesetzes<br />

als gemeinsames Ziel der <strong>deutschen</strong> Vertreter <strong>im</strong> Parlamentarischen Rat,<br />

wie auch der westlichen Alliierten, erneut ein föderatives Organ in die zukünftige<br />

Verfassung einzubauen. 769 Bekanntermaßen kam es nach langem und intensivem<br />

Ringen zu dem Ergebnis, wie sich das deutsche Bundesratsprinzip in Abschnitt IV<br />

des Grundgesetzes noch heute darstellt. 770<br />

Neben den dort niedergelegten Grundparametern, welche sich für den Bundesrat<br />

771 bis heute nicht geändert haben, ist jedoch eine wesentliche Entwicklung<br />

zu konstatieren, deren Erwähnung für das Bild des Bundesrates unserer Tage<br />

essentiell ist. Roman Herzog beschreibt diesen Verfassungsprozess wie folgt:<br />

„…Der Bundesrat hat sich, wie heute allgemein anerkannt ist, in den Jahren seit dem Inkrafttreten<br />

des Grundgesetzes aus dem verhältnismäßig konturlosen ‚föderativen Bundesorgan‛,<br />

765 Vgl. Hesse, Der unitarische Bundesstaat, S. 12.<br />

766 Eine übersichtliche Darstellung der umstrittenen Punkte und Ansätze findet sich bei: Stern, Staatsrecht II, S.<br />

111 ff.<br />

767 Laband, Das Staatsrecht des <strong>deutschen</strong> Reiches Bd. I, S. 233.<br />

768 Eschenburg, Bundesrat-Reichsrat-Bundesrat, in: Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft, S.<br />

42.<br />

769 Die Vorstellungen der Alliierten bewegten sich zwischen einer staatenbündischen Konstruktion und einer<br />

gewählten Länderkammer als echter Parlamentskammer. Auf deutscher Seite gingen die Ideen von einem Senatsmodell,<br />

bis hin zum Bundesratsmodell. – Zu diesen historischen Entwicklungen und Friktionslinien bei der<br />

Grundgesetzentstehung allumfassend: Stern, Staatsrecht II, S. 116 ff.<br />

770 Im Sinne einer solchen konsistenten Verfassungstradition weist H. Maurer explizit darauf hin, dass der Bundesrat<br />

des Grundgesetzes den föderativen Organen des frühen <strong>deutschen</strong> Staatsrechts entspricht. – Vgl. Maurer,<br />

Staatsrecht I, §16, Rn 37.<br />

771 Zur Funktionsweise und Einpassung des Bundesrates in die <strong>Verfassungssystem</strong>atik des Grundgesetzes: Niemann,<br />

Die bundesstaatliche Bedeutung des Bundesrates unter besonderer Berücksichtigung der Funktion des<br />

Vermittlungsausschusses, Diss. Jur. Göttingen 1978.<br />

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