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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

te. Es ist daher fragwürdig, den der konstitutionellen Systematik entspringenden<br />

Art. 113 GG einfach für den Fall der Minderheitsregierung vorgehalten zu wähnen.<br />

Die verfassungsrechtlichen Parameter des Grundgesetzes sind darauf ausgerichtet,<br />

dass die demokratische Regierung <strong>im</strong> Zusammenspiel mit der parlamentarischen<br />

Mehrheit als demokratische Majorität alle Entscheidungen dominieren<br />

können soll. Der Ansatz von Art. 113 GG ist ein anderer. Nach seiner Konzeption<br />

soll eine über den Weisheitsvorsprung verfügende Instanz auch die Mehrheit<br />

ausbremsen können. So funktioniert aber Demokratie i.S.d. des Grundgesetzes<br />

nicht. Auch inhaltlich falsche Entscheidungen können von der parlamentarischen<br />

Mehrheit durchgesetzt werden. Friedrich Giese stellt <strong>im</strong> Zusammenhang mit Art.<br />

113 GG für das Verhältnis von Parlament und Regierung daher vollkommen zu<br />

Recht fest:<br />

„…(Dass) die Grenze nicht überschritten werden (dürfe), die durch die Superiorität des parlamentarischen<br />

Volkswillens gezogen ist (und daher nicht geduldet werden kann), daß auch nur <strong>im</strong><br />

Einzelfalle der Regierungswille sich als stärker erweist denn der Parlamentswille. …“ 758<br />

Folglich ist es sinnlogisch, dass das Einsatzfeld von Art. 113 GG erst da beginnen<br />

kann, wo der parlamentarische Normalfall endet. Wenn dies so ist, fragt sich jedoch,<br />

warum eine Norm, die allein für den Fall der Minderheitsregierung eine<br />

realistische Einsatzchance hätte, in der Finanzverfassung und nicht <strong>im</strong> Bereich der<br />

Notstandsverfassung angesiedelt ist, dort wo sie eigentlich als demokratieverkennende<br />

Regelung hingehört. Als verfassungsrechtlich normierte Ermächtigung der<br />

<strong>Exekutive</strong> zum Eingriff in die originären Befugnisse des Deutschen Bundestags<br />

erweist sie sich jedenfalls als dermaßen systeminkohärent, dass die Annahme, sie<br />

stünde allein für den Fall der Minderheitsregierung <strong>im</strong> Grundgesetz, nicht haltbar<br />

scheint. Es widerspricht der Grundfunktionsweise unserer Verfassung, eine Norm<br />

vorzuhalten, die <strong>im</strong> Normalfall aus vorhersehbaren Gründen nicht greifen kann<br />

und die daher nur in einer durch das Grundgesetz nicht näher definierten Konstellation<br />

der Minderheitsregierung realisierbar wäre.<br />

758 Giese, Parlament und Regierung, in: DÖV 1957, 638 (639).

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