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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

Situation gelte es nur noch das Ausgabengebaren des Bundestages unter Kontrolle<br />

zu halten. Die <strong>Vetorechte</strong> aus Art. 113 GG erscheinen hierfür wie geschaffen. 757<br />

Es handelt sich hierbei m.E. jedoch um eine allzu sehr am faktischen Ergebnis<br />

orientierte Betrachtungsweise. Jene Anschauung vernachlässigt den systematischen<br />

Hintergrund von Art. 113 GG sowie seine Herkunft als konstitutionelles<br />

Hemmungsrecht. Die Handhabe der Legislative <strong>im</strong> konstitutionell-monarchischen<br />

Ständestaat des 19. Jahrhundert gegen das monarchische Finanzgebaren basiert<br />

auf der Annahme einer insbesondere personell abgetrennten monarchischen <strong>Exekutive</strong>.<br />

In der Ständeversammlung kumulierten die finanzpolitischen Interessen<br />

der nicht zur monarchischen Staatsexekutive gehörenden Gesellschaftsgruppen.<br />

Ziel war es, diese dem Fürsten wirksam entgegen halten zu können. In dem Moment,<br />

wo Art. 113 GG diesen Gedanken in Umkehrung der Zielrichtung eins zu<br />

eins in das Grundgesetz zu adaptieren versuchte, unterlief derselbe systematische<br />

Fehler, der schon bei den bisherigen Vetountersuchungen an anderer Stelle <strong>im</strong>mer<br />

wieder offenbar wurde. Regierung und Parlament werden in zwei unterschiedliche<br />

Interessensphären auseinander dividiert. Es wird fingiert, dass die konstitutionelle<br />

Gegenspielersystematik mit umgekehrten Vorzeichen <strong>im</strong> Parlamentarischen Regierungssystem<br />

ihre Fortsetzung findet. Diese passt jedoch einfach nicht in das auf<br />

pluralistischen Interessenausgleich ausgerichtete Grundgesetz parlamentarischer<br />

Prägung. Die Konzeption des Grundgesetzes stellt eine auf funktionelle Verschränkung<br />

zwischen Parlament und Regierung ausgerichtete Systematik dar, die<br />

nichts mit dem Dualismus zwischen Krone und Nationalrepräsentation zu tun<br />

hat, wie er seine Ausprägung <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> Konstitutionalismus fand. Eine Weiterführung<br />

des Grunddilemmas <strong>im</strong> Konstitutionalismus, nämlich die Unentschiedenheit<br />

zwischen Monarchie und Demokratie, ist absolut unpassend für die klaren<br />

Vorgaben, die das Grundgesetz trifft (s.o.). Diese Annahme verändert sich auch<br />

nicht durch die Verkehrung der Kompetenzvorzeichen zwischen <strong>Exekutive</strong> und<br />

Legislative <strong>im</strong> Grundgesetz.<br />

Bei Art. 113 GG handelt es sich um einen Verfassungs<strong>im</strong>port aus der konstitutionellen<br />

Vergangenheit. Es n<strong>im</strong>mt daher nicht Wunder, dass der vom Grundgesetz<br />

vorgesehene Normalfall der parlamentarischen Mehrheitsregierung mit der<br />

Systematik des Art. 113 GG eigentlich nicht vereinbar scheint. Der ‚Geist‛, den<br />

diese Norm der Haushaltsverfassung atmet, ist ein Konstitutioneller und eben<br />

kein Demokratischer. Das demokratische Grundgesetz ist nicht so konzipiert,<br />

dass ein Organ der Gegenspieler des Anderen ist, sondern es ist auf absolute Entscheidungsgewalt<br />

der demokratischen Mehrheit ausgerichtet. Nicht der Umstand,<br />

dass der Ansatz dem konstitutionellen Staatsrecht entspringt ist problematisch,<br />

sondern das dieses auf keiner vergleichbaren demokratischen Grundstruktur fuß-<br />

757 Wenn auch nicht ausdrücklich so detailliert benannt, ist es doch genau dieser ‚Geist‛, der der Annahme innewohnt,<br />

dass Art. 113 GG insbesondere für den Fall der Minderheitsregierung taugliches Vetorecht wäre. So zu<br />

finden bei: Weis, Artikel 113 Grundgesetz, S. 119 ff; Puhl, Die Minderheitsregierung nach dem Grundgesetz, S.<br />

125; Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, S. 191; Schwarz, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz<br />

Bd. 3, Art. 113, Rn 3; ders. in: NdsVBl. 2000, 181 (183).<br />

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