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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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12<br />

B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

che, dass sich die Plebs eine eigene staatlich nicht legit<strong>im</strong>ierte Führung gaben –<br />

das Volkstribunat. 40 Besonders bemerkenswert erscheint dabei, dass dieses Volkstribunat<br />

<strong>im</strong> Laufe der Zeit <strong>im</strong>mer fester in das Gefüge der allgemeinen staatlichen<br />

Magistratur eingegliedert wurde. 41 Zunächst war es lediglich das frühe Bestreben<br />

der Plebejer gewesen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, daher wählten sie<br />

sich, in Anlehnung an die offiziellen staatlichen Strukturen, als ihre Vertreter eigene<br />

Tribunen. Diese, anfangs als inoffizielles Sprachrohr der Rechtlosen fungierenden<br />

Nichtpatrizier, waren geschützt durch eine von den Plebs proklamierte Unverletzlichkeit.<br />

Mit dieser religiösen Sanktion der „sacertas“ sollte jeder konfrontiert<br />

werden, der sich am Volkstribun verging. Durch die Entwicklungen des 1.<br />

Ständeausgleichs 42 wurde jener plebejische Selbstschutz zum Gesetz, wodurch die<br />

Volkstribune zu staatlichen Amtsträgern aufstiegen und sich das Volkstribunat zur<br />

Magistratur des Gesamtvolks umwandelte. 43<br />

Als wesentlicher Unterschied zum antiken Griechenland lässt sich in der Römischen<br />

Republik also feststellen, dass eine absolut volksdeterminierte Staatspolitik<br />

gänzlich fehlte und die vorhandenen pseudodemokratischen Strukturen 44 nur<br />

zur Fundamentierung der Regierungsgewalt des aristokratischen Amtsadels dienten.<br />

Dieser Amtsadel hatte es geschafft, aus der Bindung der Amtsträger an ihren<br />

sozialen Stand, Regierungsfunktionen zu schaffen und mithin Regierungsorgane<br />

zu institutionalisieren, die voneinander getrennt waren. 45<br />

40 Umfassend zur Entstehung und Bedeutung des Volkstribunats: Meyer, in: Einführung in die Antike Staatskunde,<br />

S. 189/190.<br />

41 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, §8 I 1.<br />

42 Zur Beschreibung des Ständekampfes <strong>im</strong> antiken Rom: Kunkel/Schermaier, in: Römische Rechtsgeschichte, S.<br />

27 ff.<br />

43 Rainer, Einführung in das Römische Staatsrecht, S. 93.<br />

44 Es kann an dieser Stelle dahinstehen, dass <strong>im</strong> Zuge der sog. „lex hortensia“ aus den Jahre 287 v. Chr. die<br />

plebejische Volksversammlung mit dem Recht (ius agendi cum plebe) ausgestattet wurde, für das Gesamtvolk<br />

verbindliche Plebiszite, basierend auf dem Rogationsrecht der Tribune, abzuhalten, zu welchen nicht einmal<br />

mehr die Zust<strong>im</strong>mung des Senats notwendig war. Dies war zwar für das Verhältnis des Volkstribunats zum Senat<br />

ein entscheidender Faktor, aber gerade in dem Umstand, dass die Volkstribune für die Herbeiführung der Plebiszite<br />

verantwortlich waren, lag auch der eigentliche demokratische malus. Ohne die Rogation (also der Herbeiführung<br />

des Plebiszits) durch die Tribune oder sonstiger Magistrate war es der jeweiligen „concilium plebis“ unmöglich,<br />

eine für das Gesamtvolk verbindliche Regelung zu schaffen.<br />

Die Volksversammlung dementsprechend als legislativen Faktor mit unmittelbar demokratischer Gewalt zu<br />

bezeichnen erscheint, in Anbetracht dessen, doch eher gewagt – Diese Sichtweise untermauern auch: Meyer, in:<br />

Einführung in die Antike Staatskunde, S. 197 „..Die absolute Vollmacht der Magistratur in Rom kann nicht schärfer<br />

beleuchtet werden als dadurch, dass das souveräne Volk über keinerlei eigene Initiative verfügte…“ und Dahlhe<strong>im</strong>, in: Die<br />

Antike: Griechenland und Rom von den Anfängen bis zur Expansion des Islams, S. 346/347: „…Trotzdem hatte<br />

dies alles nichts mit demokratischen Entscheidungsprozessen zu tun... In keinem Fall war es möglich, aus der Mitte des Volkes<br />

einen Antrag zu verändern oder neu zu formulieren… Die Volksversammlungen dienten dazu, die Übereinst<strong>im</strong>mung aller sozialen<br />

Schichten mit dem Willen der <strong>im</strong> Senat repräsentierten Aristokratie zu bekunden…“ Zusammenfassend kann also festgestellt<br />

werden, dass es sich bei den in den „concilis plebis“ organisierten Bürgern Roms zwar um das theoretisch<br />

souveräne Staatsvolk handelte, dieses aber anders als <strong>im</strong> antiken Griechenland gleichsam nicht den Staatssouverän<br />

darstellte.<br />

45 Man kann zwar der Auffassung sein, dass es sich in der Motivation dabei nicht um eine die Gewalten kontrollierende<br />

Trennung der Funktionen handelte, dennoch waren die Staatsleitungsfunktionen institutionalisierend<br />

separiert.

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