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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

derartige faktische Beschränkung darin, dass die Realitäten eines Mehrheitsparlaments<br />

diametral denen der konstitutionellen Frontenbildung entgegenstehen.<br />

Parlamentsmehrheit und die von ihr getragene Regierung sind keine Antipoden,<br />

sondern bilden, basierend auf dem Parteien- und Koalitionsgeflecht, vielmehr eine<br />

Symbiose. 750 Eine sich der Bundesregierung verpflichtet fühlende Parlamentsmehrheit<br />

würde niemals auf den Gedanken verfallen, unfinanzierbare Gesetze zu<br />

beschließen, um somit Haushaltslöcher zu reißen, welche die eigene Regierung<br />

wegen der eintretenden Deckungslücken handlungsunfähig machten oder bei<br />

kreditfinanzierter Kompensation zur Schuldenmacherin.<br />

Die Eichung unseres Parteiensystems auf den Bundeskanzler macht es<br />

schlichtweg denkunmöglich, dass die ihn stellende Parlamentsmehrheit gegen<br />

dessen politische Leitvorgaben parlamentarische Politik betreibt. Vielmehr wissen<br />

die meisten Bundestagsabgeordneten genau einzuschätzen, dass die Größe der<br />

Fraktion oder gar ihr eigener Listenplatz oftmals aber auch das Direktmandat nur<br />

durch die Zugkraft des Spitzenkandidaten und mithin nunmehrigen Bundeskanzlers<br />

zustande kam und zu halten sein wird. Es würde i.d.R. einem politischen Vabanquespiel<br />

gleichkommen, wenn die Regierungsfraktionen versuchen würden,<br />

Finanzpolitik gegen den ausdrücklichen Willen der Bundesregierung, wie er sich<br />

<strong>im</strong> Haushaltsentwurf widerspiegelt, zu machen und sich somit gegen ihren eigenen<br />

Kanzler zu stellen. In der Person des Bundeskanzlers gerinnt der gesamte politische<br />

Wille einer Partei und deren Fraktion das Land zu regieren. Oberster Pr<strong>im</strong>at<br />

des Handelns in den Regierungsfraktionen ist es, den von ihnen gestellten Regierungschef<br />

nicht zu beschädigen. Das Grundgesetz selber erwähnt diese personelle<br />

Komponente zwar mit keiner Silbe, gibt aber den Rahmen für eine derartige politische<br />

Ausfüllung vor. Die Parlamentarische Regierung des Grundgesetzes wird<br />

somit nicht nur aus der abstrakten Analyse der verfassungsrechtlichen Parameter<br />

verständlich, sondern sie kann nur dann erfasst werden, wenn auch die personellen<br />

Loyalitäten, die <strong>im</strong> Rahmen der politischen Ausfüllung des verfassungsrechtlichen<br />

Rahmens entstehen, entsprechend gewürdigt werden. Insbesondere die faktische<br />

Abhängigkeit vom Bundeskanzler, die sowohl die <strong>Exekutive</strong> als auch die<br />

Legislative erfasst, sind bei der Anwendung des Art. 113 GG in der Verfassungspraxis<br />

nicht zu unterschätzen.<br />

750 Diese These wird gestützt durch Analysen des die Verfassungsrealität beobachtenden politischen Journalismus,<br />

wie sie in der Frankfurter Allgemeine Zeitung-NET, v. 12. August 2009 (Georg Paul Hefty) zu finden sind:<br />

„…Im Parteienstaat wird das Gesetzgebungsmonopol des verfassungsrechtlichen Gesetzgebers <strong>im</strong>mer schwächer. Seit der Gesetzgeber<br />

nicht mehr Gegenspieler der <strong>Exekutive</strong>, sondern mehrheitlich an deren Erfolg interessiert ist…“. Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung-NET, v. 03. August 2009 (Günther Nonnenmacher): „…Die Kernfunktion der Volksvertretung <strong>im</strong> parlamentarischen<br />

Regierungssystem ist es nun einmal, eine Mehrheit zu bilden, die eine Regierung bestellt, welche sie zuverlässig stützt. Die<br />

Kontrolle durch das Parlament geht dann weitgehend auf die Opposition über, weil das Schicksal der Parteien und Abgeordneten, die<br />

die Mehrheit bilden, mit dem Schicksal der Regierung verbunden ist. Das Bundesverfassungsgericht, in dem nicht weltfremde Rechtsgelehrte<br />

sitzen, sondern mit politologischen Wassern gewaschene, manchmal auch politisch erfahrene Realisten, hat diesen Verhältnissen<br />

seinen Segen erteilt […] Damit ist […] die Unterstützung der Regierung durch eine verlässliche Mehrheit als Kernfunktion des<br />

Bundestages anerkannt. …“. Oder pointiert in der Frankfurter Allgemeine Zeitung-NET, v. 13. Juli 2009: „…Die<br />

Parlamentsmehrheit stützt die Bundesregierung. Sonst ist sie gescheitert…“.

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