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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

Es gilt näher zu begutachten, inwieweit diese Kontrolle tatsächlich demokratiekonsequent<br />

und folgerichtig 724 ist, da alles darauf abzielt die Legislative zwangsweise<br />

an ihre einmal getroffene Entscheidung <strong>im</strong> Haushaltsplan des Bundes zu<br />

ketten und zu verhindern, dass dieser Haushaltsansatz unbemerkt verzerrt werde<br />

könnte. Ein derartiger Motivationshintergrund mag für einen in irgendeiner Weise<br />

Hilfebedürftigen sachgerecht sein. Be<strong>im</strong> Deutschen Bundestag handelt es sich<br />

jedoch um das einzige unmittelbar demokratisch legit<strong>im</strong>ierte Organ auf Bundesebene.<br />

Dieses unter finanzpolitische Betreuung der Bundesregierung zu stellen,<br />

welche selbst nur mittelbar und dann auch noch durch eben diesen Bundestag<br />

legit<strong>im</strong>iert ist, erscheint mehr als nur problematisch und überdies unnötig.<br />

Zweifelsohne verfügt die exekutive Ministerialbürokratie über einen substantiellen<br />

Wissensvorsprung gegenüber den Abgeordneten des Deutschen Bundestages.<br />

Dennoch würde allein das Mittel des ersten Vorverfahrens genügen, um von<br />

exekutiver Seite aus den Bundestag auf die mögliche Diskrepanz des finanzwirksamen<br />

Fachgesetzes zu seinem eigenen Haushaltsgesetz hinzuweisen. Damit wäre<br />

dem einzigen wirklich tragfähigen Argument des unmotivierten Verstoßes gegen<br />

den Haushaltsrahmen Rechnung getragen. Warum die Bundesregierung das deutsche<br />

Parlament darüber hinaus ‚an die Hand nehmen können‛ soll, um es vor sich<br />

selbst und seiner eigenen Inkompetenz zu schützen, erschließt sich nicht. Warum<br />

muss die Instanz, welche selbst das Haushaltsgesetz beschließen und mittels eines<br />

Nachtragshaushaltes 725 (Art. 110 Abs. 3 GG) sowohl die Einnahme- als auch die<br />

Ausgabenseite wieder verändern kann, sich von der Regierung in der Öffentlichkeit<br />

als finanzpolitischer Hasardeur vorführen lassen?<br />

Es verwundert daher nicht, wenn angeprangert wird, dass das Parlament durch<br />

die Versagung der Zust<strong>im</strong>mung „öffentlich brüskiert“ 726 würde. Werner Heun bezeichnet<br />

Art. 113 GG sogar als eine „einzigartige Fehlkonzeption“ 727 . Faber 728 geht<br />

noch weiter und qualifiziert Art. 113 GG als „Monstrum einer verfassungstheoretischen<br />

und analytischen Fehlkonstruktion“ sowie als „ärgerliches Residuum des technokratisch verbrämten<br />

Obrigkeitsstaates“ ab. Schon vor der Verfassungsänderung 1969 wurde in<br />

der politischen Öffentlichkeit gemutmaßt, dass Art. 113 GG in der Lage wäre,<br />

„eine Desavouierung der Regierungsmehrheit durch die Regierung in aller Öffentlichkeit“ 729<br />

herbeizuführen. Auf der anderen Seite wird jedoch auch gefordert, diesen Art. 113<br />

724 So jedenfalls Gröpl, in: Bonner Kommentar Art. 113, Rn 13.<br />

725 Dieser Nachtragshaushalt ist insbesondere deshalb notwendig, da die allgemeine lex posterior derogat legi<br />

priori-Regel, wonach das spätere Gesetz dem früheren vorgeht, aufgrund der Haushaltsgebundenheit für ein<br />

später erlassenes Fachgesetz gegenüber dem Haushaltsplan nicht greifen kann. Da auch die Legislative an den<br />

Vorbehalt der Einstellung von staatlichen Ausgaben in den Haushaltsplan nach Art. 110 Abs. 1 GG gebunden<br />

ist, muss die neue finanzpolitische Entscheidung auch <strong>im</strong> Hausgesetz ausdrücklich legit<strong>im</strong>iert sein.<br />

726 Hettlage, Die Rechtsnatur des Haushaltsplanes, in: FS Werner Weber, S. 391 (396); Mußgnug, Haushaltsplan,<br />

S. 204 ff.<br />

727 Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, S. 183.<br />

728 Faber, AK II, Art. 113, Rn 1.<br />

729 Huppertz, Gewaltenteilung und antizyklische Finanzpolitik, S. 67, mit Verweis auf FAZ, v. 26.07.1965 „Der<br />

falsche Artikel 113“.<br />

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