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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

die machtpolitische Realisierbarkeit des Vorhabens müssen sich unter den Anforderungen<br />

einer gesteigerten Transparenz beweisen. Diese Konsequenz des ersten<br />

Vorverfahrens entspricht dezidiert der angestrebten Intention des Verfassungsgebers,<br />

wie sie sich aus den entsprechenden Materialien zur Verfassungsänderung<br />

1969 entnehmen lässt. 702 Versucht man diese Motivlage zu kategorisieren, muss<br />

man m.E. zu der Erkenntnis kommen, dass diese nicht der Grundnatur eines <strong>Vetorechte</strong>s<br />

entspricht. Die Konsequenzen, die aus dem ersten Vorverfahren erwachsen,<br />

entsprechen m.E. vielmehr einem anderen Institut, nämlich dem der<br />

Geschäftsordnungsrechte 703 .<br />

Vergleichbar mit den parlamentarischen Geschäftsordnungstricks, soll zwar die<br />

Möglichkeit eines Fallstricks für ein politisch nicht gewolltes Gesetz zugestanden<br />

werden. Mit dem Einsatz dieses Rechtes ergeben sich aber die Konsequenzen von<br />

Transparenz, Debattier- und Begründungsverpflichtung. Das sind allerdings auch<br />

die Folgen der Wahrnehmung parlamentarischer Geschäftsordnungsrechte. Qualitativ<br />

ist vielen Normen aus der Geschäftsordnung des Bundestages nicht nur das<br />

Ansinnen zu entnehmen, für die Fraktionen und Abgeordneten vorhersehbare<br />

Verfahrensregeln <strong>im</strong> parlamentarischen Betrieb zu erschaffen, sondern auch und<br />

gerade die Integration der Bundesregierung in die Parlamentsprozesse erweist sich<br />

als Zielstellung der GOBT. 704<br />

Auch wenn wohl weite Teile des Schrifttum 705 <strong>im</strong> ersten Vorverfahren ein suspensives<br />

Vetorecht erblickt, macht die Einhaltung der hier vertretenen Vetokategorisierung<br />

und die daraus folgende Ablehnung der Vetoqualität dennoch Sinn.<br />

Der Verfassungsgesetzgeber hatte mit der Einrichtung des ersten Vorverfahrens<br />

weniger die Erweiterung des Vetoaspektes als solchem <strong>im</strong> Sinn, als vielmehr die<br />

verfassungsrechtliche Verbriefung eines vorgeschalteten Debattenverfahrens. Mit<br />

diesem sollte jedoch nicht die Ausdehnung des eigentlichen Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalts<br />

einhergehen, sondern allein eine formale Prozeduralisierung der Diskussionskultur<br />

um die finanzpolitische Intention und Realisierbarkeit des fraglichen<br />

Fachgesetzes bezweckt werden. Nicht umsonst wird allgemein angenommen, dass<br />

die Intervention der Bundesregierung, basierend auf Art. 113 Abs. 1 S. 3, 4 GG,<br />

zeitlich vor der dritten Lesung des jeweiligen Gesetzes liegen muss. 706<br />

Insbesondere der damit aufgezeigte Grundcharakter jenes Aussetzungsverlangens<br />

sollte zu der Auffassung führen, dass das erste Vorverfahren kein suspensi-<br />

702 Vgl. schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. V/3605 S. 12: „…Damit soll erreicht werden,<br />

daß der Gesetzgeber nicht ins Ungewisse hinein Beschlüsse faßt, sondern den Standpunkt der Bundesregierung<br />

erfährt, ehe er sich selber definitiv bindet. …“.<br />

703 Zum systematischen Charakter von parlamentarischen Geschäftsordnungen in der Bundesrepublik: Zeh, in:<br />

Parlamentarisches Verfahren (§43), in: HStR II, Rn. 12 ff.<br />

704 Als Paradebeispiel erweist sich das parlamentarische Rederecht der Bundesregierung in Umsetzung von Art.<br />

43 Abs. 2 GG in § 43 GOBT.<br />

705 Vgl. statt vieler: Gröpl, in: Bonner Kommentar Art. 113, Rn 89; Schwarz, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das<br />

Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 113, Rn 27; Mahrenholz, AK II, Art. 113, Rn 2.<br />

706 Vgl. Weis, Artikel 113 Grundgesetz, S. 135 ff; Mahrenholz, AK II, Art. 113, Rn 12; Gröpl, in: Bonner Kommentar<br />

Art. 113, Rn 89; Schwarz, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 113, Rn 27.

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