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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

Kyrill-A. Schwarz 700 meint, dass in dem Umstand, dass die Nichtwahrnehmung des<br />

Zust<strong>im</strong>mungsverweigerungsrechtes innerhalb der Sechs-Wochen-Frist eine Zust<strong>im</strong>mungsfiktion<br />

auslöst, letztlich doch wieder die „Prärogative des Parlaments gegenüber<br />

der Regierung auch bei finanzwirksamen Gesetzen zum Ausdruck“ kommt. Dieser<br />

Sichtweise ist unumschränkt beizupflichten. Die Möglichkeit der Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung,<br />

welche der Bundesregierung aus Art. 113 GG erwächst, darf nur als<br />

Sonderrecht verstanden werden. Es handelt sich um einen außerordentlichen Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt,<br />

welcher sich allein auf die Problemstellung der Wahrung des<br />

materiellen Haushaltsgleichgewichts bzw. des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts<br />

bezieht. Der diesem Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt zugrunde liegende Systemeinbruch<br />

muss daher vor dem Hintergrund der effektiven Sicherung geordneter<br />

Bundesfinanzen gelesen werden. Die Parameter des Bundeshaushaltes sind aber<br />

heutzutage nicht mehr allein durch grundgesetzliche Vorgaben abgesteckt, sondern<br />

dieser muss sich mittlerweile auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten<br />

701 Konformitätsvorgaben beugen. Auch wenn die letztere Motivlage den Müttern<br />

und Vätern des Grundgesetzes, aber auch denjenigen, die 1969 Art. 113 GG<br />

neu justierten, unbekannt gewesen ist, so steigert sie die Grundbedeutung jenes<br />

Rechtes um ein Vielfaches. Das Grundgesetz hat der <strong>Exekutive</strong> ein finanzwirtschaftliches<br />

Kontrollrecht gegenüber der Legislative eingeräumt, das neben den<br />

grundgesetzlichen Haushaltsregeln auch die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben<br />

sichern kann. Die maßgebliche Ursache dafür, dass die außerordentliche Gültigkeitsvoraussetzung<br />

für finanzwirksame Gesetze der Kompetenzzuweisung nach<br />

bei der Bundesregierung und bei keinem parlamentarischen Selbstkontrollausschuss<br />

angesiedelt wurde, liegt wohl vor allem in dem dort vermuteten überwiegenden<br />

Sachverstand und dem Informationsvorsprung der Ministerialbürokratie.<br />

Das Grundgesetz geht davon aus, dass die <strong>Exekutive</strong> den größeren Überblick über<br />

die finanzpolitische D<strong>im</strong>ension eines Gesetzgebungsansinnens besitzt. Nur deshalb<br />

erfährt das parlamentarische Budgetrecht eine Einschränkung durch den<br />

Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt.<br />

Das Kompensationsansinnen, welches demgegenüber der Zust<strong>im</strong>mungsfiktion<br />

zugrunde liegt, zielt vor allem darauf ab, einen möglicherweise unangemessenen<br />

Schwebezustand zu verhindern, der dadurch entstünde, dass die Bundesregierung<br />

mittels längerem Nichtstun das Gesetz ‚verhungern‛ lassen könnte. Würde die<br />

Zust<strong>im</strong>mungsfiktion nicht existieren, könnte die Bundesregierung einem finanzwirksamen<br />

Gesetz nach ihrem Belieben einfach die rechtliche Existenz verwei-<br />

die Verkündung von Gesetzen, die der Zust<strong>im</strong>mung der Bundesregierung unterliegen, unangemessen lange in der Schwebe bleiben.<br />

…“.<br />

700 Schwarz, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 113, Rn 34; ebenso: Meyn, Karl-<br />

Ullrich, Kontrolle als Verfassungsprinzip, S. 356 f.<br />

701 Vgl. Entschließung des Europäischen Rates von Amsterdam über den Wachstums- und Stabilitätspakt v. 17.<br />

Juni 1997 – Amtsblatt C 236 v. 02.08.1997.<br />

Erhöhte Ausgaben des Bundes hätten bei gleich bleibenden Steuereinnahmen i.d.R. die Folge einer ausufernden<br />

Neuverschuldung, die wiederum den Stabilitätskriterien (insb. dem 3%-Verschuldungskriterium) entgegenliefen.<br />

Auch diese Entwicklungen muss eine Bundesregierung bei ihrer Zust<strong>im</strong>mungsentscheidung <strong>im</strong> Auge behalten.<br />

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