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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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244<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

eine Frist von sechs Wochen zur Verfügung, innerhalb derer sie die Zust<strong>im</strong>mung<br />

verweigern könnte. 697<br />

Klar und deutlich geht aus Art. 113 Abs. 3 S. 1 GG jedoch auch hervor, dass<br />

die Bundesregierung ihre Zust<strong>im</strong>mung zum finanzwirksamen Gesetz nur dann<br />

verweigern kann, wenn sie zuvor die Verfahren nach Abs. 1 S. 3 und S. 4 oder<br />

nach Abs. 2 eingeleitet hatte. Nur wenn eines oder beide dieser vom Grundgesetzgeber<br />

als gleichwertig konzipierten Vorverfahren durchgeführt wurden, ist ein<br />

exekutives Versagen der Zust<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> Hauptverfahren nach Art. 113 Abs. 3 S.<br />

1 überhaupt zulässig. Hat die Bundesregierung beide Vorverfahren ungenutzt<br />

verstreichen lassen, kann das Gesetz auch ohne Einhaltung der Sechs-Wochen-<br />

Frist unverzüglich durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und verkündet werden.<br />

698<br />

Als des Weiteren interessant erweist sich die Zust<strong>im</strong>mungsfiktion aus Art. 113<br />

Abs. 3 S. 2 GG. Insofern der Bundesregierung aufgrund der Durchführung mindestens<br />

eines der beiden Vorverfahren die Möglichkeit einer Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung<br />

zum finanzwirksamen Gesetz eröffnet ist, muss sie diese innerhalb der<br />

erwähnten Sechs-Wochen-Frist nicht zwingend ausdrücklich erteilen. Sollte die<br />

Bundesregierung nämlich gar nicht handeln, best<strong>im</strong>mt der Satz 2 von Art. 113<br />

Abs. 3 GG, dass das Gesetz dann dennoch mit Zust<strong>im</strong>mung der Bundesregierung<br />

zustande gekommen ist. Um zu verhindern, dass ein finanzwirksames Gesetz<br />

rechtsverbindlich ausgefertigt und verkündet werden darf, bedarf es also seitens<br />

der Bundesregierung einer ausdrücklichen Versagung der Zust<strong>im</strong>mung. 699<br />

697 Die Bundesregierung träfe <strong>im</strong> Falle der Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung die Rechtspflicht dies allen beteiligten<br />

Staatsorganen, also dem Bundestag, dem Bundesrat und dem Bundespräsidenten mitzuteilen und auch eine<br />

inhaltlich relevante Begründung beizufügen. So die wohl h.M. – Statt vieler: Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art.<br />

113, Rn 12; Belau, Zur Auslegung und Anwendung des Artikels 113 des Grundgesetzes, DVBl. 1951, 429 (433).<br />

Grundlage dieser Verweigerungsbegründung müssen nicht die schon <strong>im</strong> Vorverfahren geäußerten finanzpolitischen<br />

Argumente sein. Vielmehr stehen der Bundesregierung auch neue, bisher noch nicht bekannte oder nicht<br />

vorgebrachte Begründungsansätze zur Verfügung. – Vgl. schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zur Grundgesetzänderung<br />

– BT-Drucks. V/3605 S. 12: „…Abs. 3 soll in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung verhindern, daß<br />

die Bundesregierung ohne Vorankündigung <strong>im</strong> Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nach dessen Abschluß die Zust<strong>im</strong>mung versagen<br />

kann. Deshalb wird die Verweigerung der Zust<strong>im</strong>mung davon abhängig gemacht, daß die Bundesregierung zuvor die Aussetzung des<br />

Gesetzgebungsverfahrens verlangt und eine Stellungnahme abgeben oder nach Abs. 2 erneute Beschlussfassung des Bundestages<br />

verlangt hat. Die Fassung dieser Vorschrift besagt nicht, daß die Bundesregierung hierbei unbedingt auch an die <strong>im</strong> Verlaufe des<br />

Gesetzgebungsverfahrens von ihr vorgebrachten Gründe gebunden wäre; vielmehr ist insbesondere die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,<br />

daß neue Umstände die Bundesregierung zu ihrer Haltung veranlassen…“.<br />

698 So mit überzeugender Argumentation: Paudtke, Das mehrheitsunfähige Parlament <strong>im</strong> <strong>Verfassungssystem</strong> des<br />

Grundgesetzes, S. 182/183. Paudtke führt an: „…der Wortlaut des Art. 113 Abs. 3 GG scheint der Regierung auch ohne<br />

die Einleitung eines der beiden Vorverfahren ein sechswöchiges ‚suspensives Veto‛ zu gewähren. Art. 113 Abs. 3 Satz 1 GG regelt<br />

nur, unter welchen Voraussetzungen die Regierung die Zust<strong>im</strong>mung versagen darf. Die Zust<strong>im</strong>mung selbst bleibt aber scheinbar auch<br />

ohne die Durchführung der Vorverfahren noch erforderlich. […] Allerdings folgt aus der engen Bindung des Absatzes 3 an die<br />

beiden Vorverfahren, daß die Sechswochenfrist des Art. 113 Abs. 3 GG nur bei Durchführung mindestens eines der beiden Vorverfahren<br />

gelten soll. Die Regierung hat ihre Mittel nicht genutzt und damit ihr Desinteresse an einer Gegenwehr bekundet. Der<br />

Regierung dann noch ein ‚suspensives Veto‛ an die Hand zu geben, entspräche nicht dem Zweck des Verfahrens. …“. Ebenso:<br />

Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 113, Rn 13; A.A. Mahrenholz, in: AK, Art. 113 GG, Rn 2a.<br />

699 Hierzu der schriftliche Bericht des Rechtsausschusses zur Grundgesetzänderung - BT-Drucks. V/3605 S. 12:<br />

„…Außerdem ist die Versagung der Zust<strong>im</strong>mung an eine Frist von sechs Wochen seit dem Zustandekommen des Gesetzes (Art.<br />

78) gebunden. Der Haushaltsausschuß hält eine Frist von vier Wochen für ausreichend. Gibt die Bundesregierung innerhalb dieser<br />

Frist keine Erklärung ab, wird die Zust<strong>im</strong>mung fingiert. Durch diese Best<strong>im</strong>mung soll verhindert werden, daß die Ausfertigung und

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