22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

242<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

bezüglichen Drohungen mit einer Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung ernst gemeint waren<br />

und vom Bundestag ernst genommen werden sollten. Dieser Möglichkeit, die<br />

exekutive haushälterische Position nachdrücklich zu verdeutlichen, weist m.E. vor<br />

allem den Charakter eines Geschäftsordnungsrechts auf und bietet somit sowohl<br />

der Regierung als auch dem Parlament die Möglichkeiten der ‚gesichtswahrenden<br />

Annäherung‛.<br />

Auch wenn die Bundesregierung innerhalb der sechs Wochen nach dem Aussetzungsverlangen<br />

ihre Stellungnahme schuldig geblieben 691 sein sollte, verlöre sie<br />

nicht die Möglichkeit des zweiten Vorverfahrens nach Art. 113 Abs. 2 GG, welches<br />

jedenfalls dann offen steht, wenn der Bundestag sich von der Aussetzung<br />

und der diesbezüglichen Stellungnahme nicht beeindrucken lassen hat und das<br />

Gesetz nach Zugang der Stellungnahme oder mit Ablauf der Sechs-Wochen-Frist<br />

dennoch mit für die Regierung inakzeptablem Inhalt beschließt.<br />

Zweites Vorverfahren – Art. 113 Abs. 2 GG<br />

Hat nämlich das Parlament das fragliche finanzwirksame Gesetz endgültig beschlossen,<br />

kann die Bundesregierung nach Art. 113 Abs. 2 GG innerhalb von vier<br />

Wochen verlangen, dass der Bundestag erneut über dieses Gesetz Beschluss<br />

fasst. 692 Faktische Folge jenes exekutiven Verlangens einer erneuten Beschlussfassung<br />

ist die Nichtigkeit des ersten Gesetzesbeschlusses. 693 Das finanzwirksame<br />

Gesetz würde als von Anfang an (ex tunc) nicht existent erachtet. Sowohl ein<br />

Gesetz desselben Inhalts als auch ein <strong>im</strong> Sinne der Änderungswünsche der Bundesregierung<br />

neukonzipiertes Gesetz bedürfte für seine wirksame Entstehung<br />

eines erneuten originären Beschlusses durch den Bundestag. 694<br />

691 Das erste Vorverfahren nach Art. 113 Abs. 1 S. 3 GG ohne Stellungnahme würde als nicht durchgeführt<br />

gelten.<br />

692 § 87 Abs. 2 GO BT: „…Verlangt die Bundesregierung nach Artikel 113 Abs. 2 des Grundgesetzes, daß der<br />

Bundestag erneut Beschluß faßt, gilt der Gesetzentwurf als an den federführenden Ausschuss und an den Haushaltsausschuss<br />

zurückverwiesen. …“<br />

693 So auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetzkommentar, Art. 113, Rn 4.<br />

694 Als fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang der Bedeutungsgehalt von § 87 Abs. 3 GO BT: „…Ist das<br />

beschlossene Gesetz dem Bundesrat gemäß § 122 bereits zugeleitet worden, hat der Präsident den Bundesrat von<br />

dem Verlangen der Bundesregierung in Kenntnis zu setzen. In diesem Falle gilt die Zuleitung als nicht erfolgt.<br />

…“<br />

Diese Geschäftsordnungsregel ist zumindest bezüglich der Vorbeugung einer möglichen Umgehung des zweiten<br />

Vorverfahrens nach Art. 113 Abs. 2 GG überflüssig. Ein solcher Umgehungsversuch könnte theoretisch dergestalt<br />

vonstattengehen, dass mittels einer schnellen Zuleitung an den Bundesrat (§ 122 GOBT) dieser dann keinen<br />

Einspruch einlegt bzw. dem Gesetz schnellstmöglich die Zust<strong>im</strong>mung erteilt, um somit zu versuchen, das zweite<br />

Vorverfahren auszuschalten. Inwieweit es einer Vorkehrung vor diesem Szenario bedürfte, erscheint mir fraglich.<br />

Das Gesetzgebungsverfahren wäre zwar abgeschlossen und der Bundespräsident könnte ausfertigen und verkünden.<br />

Aber in dem Moment, wo die Bundesregierung nach Art. 113 Abs. 2 GG innerhalb von vier Wochen eine<br />

erneute Beschlussfassung durch den Bundestag verlangt, ist das erste Gesetz obsolet. Die Zust<strong>im</strong>mung des<br />

Bundesrates wäre somit ohne korrespondierenden Gegenstand. Folglich bliebe auch nichts, was der Bundespräsident<br />

ausfertigen könnte. Selbst wenn die Ausfertigung und Verkündung schon vonstattengegangen wäre,<br />

könnte die Bundesregierung einfach mittels einer Abstrakten Normenkontrolle den fehlenden (weil nach Art. 113<br />

Abs. 2 GG ex tunc beseitigten) Beschluss des Bundestages als Verletzung des Gesetzgebungsverfahrens rügen<br />

und das fragliche Gesetz für nichtig erklären lassen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!