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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

(1) Zweistufiges Vorverfahren nach Art. 113 Abs. 1 S. 3, 4 und Abs. 2 GG<br />

Erstes Vorverfahren – Art. 113 Abs. 1 S. 3, 4 GG<br />

Das erste Vorverfahren ist der Schlussabst<strong>im</strong>mung des Bundestages über das finanzwirksame<br />

Gesetz vorangestellt. Aus Art. 113 Abs. 1 S. 3 GG erwächst für die<br />

Bundesregierung das Recht, die endgültige Beschlussfassung des Bundestages über<br />

das finanzwirksame Gesetz aussetzen zu lassen. Mit dem Aussetzungsverlangen<br />

geht gemäß Art. 113 Abs. 1 S. 4 GG für die Bundesregierung die Verpflichtung<br />

einher, dem Bundestag binnen sechs Wochen eine diesbezügliche Stellungnahme<br />

zuzuleiten. 687 Erst mit Eingang der Stellungnahme oder spätestens nach Ablauf<br />

der Sechs-Wochen-Frist, darf der Bundestag erneut über das fragliche Gesetz<br />

beraten und dieses einer Schlussabst<strong>im</strong>mung zuführen. Gibt die Bundesregierung<br />

ihre Stellungnahme nicht oder nicht fristgemäß ab, verliert das Aussetzungsverlangen<br />

seine Wirkung. 688 Aus den Materialien zur Verfassungsreform von 1969 689<br />

wird deutlich, dass die Hauptintention der Einführung dieses Vorverfahrens, in<br />

dem Motiv zu finden ist, dass das Parlament schon vor der Schlussabst<strong>im</strong>mung<br />

die Auffassung der Bundesregierung zu dem finanzwirksamen Gesetz kennen soll<br />

und die Abgeordneten somit in voller Kenntnis der exekutiven Meinung zur finanzpolitischen<br />

Tragweite ihre Entscheidung treffen können.<br />

Systematisch kann das Aussetzungsverlangen durch die Bundesregierung nur<br />

greifen, wenn es nach den parlamentarischen Beratungen kurz vor der Schlussabst<strong>im</strong>mung<br />

geltend gemacht wird. 690 Es scheint so, als ob der Verfassungsgesetzgeber<br />

der Bundesregierung die Möglichkeit eines ‚letzten Schusses vor den Bug‛ des<br />

Parlaments zugestehen wollte. In der Verfassungspraxis, findet eigentlich ohnehin<br />

<strong>im</strong> Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens ein reger Austausch zwischen den Ausschüssen<br />

des Bundestages und den Ministerien statt. Die exekutiven Ansichten<br />

zur Relevanz des Gesetzes für das Haushaltsgleichgewicht bzw. das gesamtwirtschaftliche<br />

Gleichgewicht dürften somit <strong>im</strong> Parlament ohnehin bekannt und die<br />

Argumente ausgetauscht sein, auch ohne das die Bundesregierung die Aussetzung<br />

der Beschlussfassung verlangt.<br />

Die Funktion, die der ersten Eskalationsstufe in Form von Art. 113 Abs. 1 S.<br />

3, 4 GG zukommt, ist somit in der Möglichkeit zu finden, dass die Bundesregierung<br />

mittels dieses Aussetzungsverlangens ihrer Auffassung nochmals eindringlich<br />

Ausdruck verleihen kann. Sie würde durch den Einsatz des ersten Vorverfahrens<br />

deutlich machen, dass ihre vorherigen finanzpolitischen Bedenken sowie die dies-<br />

687 Eine nähere Ausformung erhält diese Verpflichtung zu Stellungnahme durch die Bundesregierung in § 87 Abs.<br />

1 GO BT: „…Macht die Bundesregierung von Artikel 113 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes Gebrauch, so ist die<br />

Beschlußfassung auszusetzen. Der Gesetzentwurf darf frühestens nach Eingang der Stellungnahme der Bundesregierung<br />

oder sechs Wochen nach Zugang des Verlangens der Bundesregierung be<strong>im</strong> Bundestagspräsidenten auf<br />

die Tagesordnung gesetzt werden. …“<br />

688 Vgl. Karehnke, DVBl. 1972, 811 (814), mit Erwägungen zur Wiedereinsetzung bei der Fristversäumnis – Siehe<br />

dort Fn 29.<br />

689 Vgl. schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. V/3605 S. 12.<br />

690 Vgl. Mahrenholz, in: AK, Art. 113 GG, Rn 12.<br />

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