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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

sein müssen, die Ausgeglichenheit des Bundeshaushaltes zu gefährden. 671 Es spielt<br />

jedoch keine Rolle, von wem dabei die Gesetzesinitiative i.S.v. Art. 76 GG ausging.<br />

Insofern die Finanzwirksamkeit des Fachgesetzes gegeben ist, fallen unter<br />

den Anwendungsbereich des Art. 113 GG mithin sowohl Gesetze, die aus der<br />

Mitte des Bundestages kamen oder durch den Bundesrat eingebracht worden sind,<br />

als auch solche Gesetze, bei denen die Initiative zwar bei der Bundesregierung lag,<br />

die aber vom Bundestag in ihren finanziellen Auswirkungen erweitert wurden. 672<br />

Den relevanten Vergleichsmaßstab für die Ausgabenerhöhung bzw. die Einnahmenminderung<br />

bildet der Bundeshaushaltsplan i.S.v. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG.<br />

In dieses förmliche Gesetz sind alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes für das<br />

entsprechende Haushaltsjahr einzustellen. Es bildet damit die Ausgabenermächtigung<br />

für die Bundesexekutive. Schon die Finanzwirksamkeit einzelner Teile des<br />

Fachgesetzes in Bezug auf den Bundeshaushaltsplan genügt, um das gesamte Gesetz<br />

dem exekutiven Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt zu unterwerfen. 673 Das Kriterium der<br />

Finanzwirksamkeit kann zwischen der Bundesregierung und dem Bundestag umstritten<br />

sein. In einem solchen Fall, der sich jedoch allein auf die Zust<strong>im</strong>mungsbedürftigkeit<br />

des Fachgesetzes ob seiner Finanzwirksamkeit an sich bezieht, kann<br />

das Bundesverfassungsgericht <strong>im</strong> Rahmen eines Organstreitverfahrens nach Art.<br />

93 Abs. 1 Nr. 1 GG zur diesbezüglichen Entscheidung herangezogen werden. 674<br />

Der eigentliche Inhalt des exekutiven Rechtes aus Art. 113 GG, nämlich die Zust<strong>im</strong>mungserteilung<br />

oder Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung, obliegt jedoch allein dem<br />

pflichtgemäßen Ermessen 675 der Bundesregierung. 676 Es ergibt sich mithin aus Art.<br />

113 GG eine Prognoseentscheidung der Bundesregierung bezüglich der Frage,<br />

inwieweit ein Fachgesetz finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushaltsplan<br />

haben könnte und inwieweit es in der Lage wäre, den Haushaltsausgleich ernsthaft<br />

und nachhaltig zu stören. 677 Eine Begrenzung der Entscheidungsparameter des<br />

671 Nicht erforderlich ist hingegen, dass diese Wirkung auch tatsächlich eintritt. – Vgl. Heuer, Haushaltsrecht, Art.<br />

113, Anm. 6.<br />

672 Schwarz, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 113, Rn 8; Weis, Art. 113<br />

Grundgesetz, S. 110.<br />

673 Vgl. Heun, in: Dreier Bd. III, Art.113 GG, Rn 5; Piduch, Haushaltsrecht, Art. 113, Anm. 11; Siekmann, in:<br />

Sachs, GG Art. 113, Rn 12.<br />

674 Das Bundesverfassungsgericht kann <strong>im</strong> Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff BVerfGG<br />

nur die fragliche Zust<strong>im</strong>mungsbedürftigkeit des Gesetzes klären. Es darf die Bundesregierung grundsätzlich nicht<br />

dazu verpflichten, einem Gesetz zuzust<strong>im</strong>men, selbst wenn die Zust<strong>im</strong>mung nach seiner Überzeugung vernünftig<br />

wäre. – Vgl. Paudtke, Das mehrheitsunfähige Parlament <strong>im</strong> <strong>Verfassungssystem</strong> des Grundgesetzes, S. 184.<br />

675 ‚Ermessen‛ sollte m.E. <strong>im</strong> Zusammenhang mit Art. 113 GG jedoch nicht in der Art des verwaltungsrechtlichen<br />

Ermessens verstanden werden, sondern vielmehr i.S. eines finanzpolitischen Ermessens (ebenso: Karehnke,<br />

DVBl. 1972, 811 (815)). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der gerichtlichen Überprüfbarkeit und der<br />

sog. Ermessensfehlerlehre für das verwaltungsrechtliche Ermessen. Das Ermessen der Bundesregierung i.R.v.<br />

Art. 113 GG stellt vielmehr einen tatsächlichen Beurteilungsspielraum bezüglich der Frage dar, inwieweit die<br />

Ausgabenerhöhung oder Einnahmenminderung in der Lage ist, das finanzpolitische Gleichgewicht des Bundeshaushaltes<br />

zu stören.<br />

676 Heuer, Haushaltsrecht, Art. 113, Anm. 7; Siekmann, in: Sachs, GG Art. 113, Rn 13.<br />

677 Die Prognoseentscheidung der Bundesregierung unterliegt nicht der Hürde einer sog. „Bagatellgrenze“. Es<br />

lassen sich dem Verfassungstext des Art. 113 GG keinerlei Indizien entnehmen, die ein best<strong>im</strong>mtes Mindestmaß<br />

an Ausgabenerhöhung oder Einnahmenminderung erforderlich machten, um den Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt zu

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