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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Ursprünge und Entwicklungslinien 9<br />

Souverän des Staates. 22 Regieren und Regiert werden waren eins – oder gingen<br />

wechselweise vonstatten. 23<br />

Wenn die politikberechtigten Bürger der „Polis“ eine Entscheidung in der<br />

„Volksversammlung“ trafen, konnte es folglich systembedingt keine Instanz außer<br />

ihrer Versammlung geben, die diese gesetzgebungstechnische oder administrative<br />

Entschließung außer Kraft setzen oder unterminieren durfte. Eine derartige, der<br />

Natur der Einspruchsrechte innewohnende Möglichkeit, würde wider die oben<br />

beschriebenen Grundprinzipien des absoluten Demokratieansatzes 24 <strong>im</strong> antiken<br />

Griechenland laufen.<br />

Sich daraus ergebend, fehlte es in der attischen Demokratie an einer weiteren,<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit den Einspruchsrechten <strong>im</strong>mer wiederkehrenden Grundvoraussetzung<br />

für die Vetoexistenz. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit forderte,<br />

dass sich der Bürger selbst vertrete, was somit jedoch die Institutionalisierung 25<br />

von Regierungsstellen ausschloss. Damit wurde eine institutionelle Aufteilung und<br />

gegenseitige Kontrolle der Macht systembedingt als unmöglich erachtet. Gewaltenteilung<br />

<strong>im</strong> Sinne eines klassischen Rechtsstaats existierte <strong>im</strong> antiken Griechenland<br />

noch nicht mal ansatzweise. 26 Hieraus offenbart sich, trotz aller Ähnlichkeiten,<br />

Entsprechungen und Beeinflussungen, dass der Römische Staat in Aufstieg,<br />

Glanz und Niedergang einer grundsätzlich anderen geistigen Welt angehörte, als<br />

die griechischen „Polis“. 27 Auch wenn es in vielen Bereichen zu einer Einbürgerung<br />

des geistigen Griechenlands bis hin zu einer griechisch-römischen Kulturgemeinschaftssymbiose<br />

kam, so ist doch gerade für den Bereich der Römischen<br />

Rechtswissenschaft und Staatskunst zu erkennen, dass diese aus genuinen römischen<br />

Wurzeln erwachsen sind. 28<br />

Insbesondere die zuletzt beschriebenen Erkenntnisse machen verständlich, warum<br />

ein historisch verifizierbares Zitat des ersten Vetoeinsatzes nicht aus der Demokratieschule<br />

<strong>im</strong> antiken Griechenland stammen kann, sondern <strong>im</strong> aristokratisch-t<strong>im</strong>okratischen<br />

Gemeinwesen Roms zu finden ist, welches monarchische<br />

und demokratische Elemente vereinte.<br />

22 A.a.O., S. 197.<br />

23 Zur Machtballung be<strong>im</strong> Athener Bürger: Bleicken, Die athenische Demokratie, S. 494 ff.<br />

24 Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 202.<br />

25 Die Aufteilung der politischen Macht in den antiken Stadtstaaten in Magistrate, den Rat, die Volksversammlung<br />

und unabhängige Gerichte ist zwar mit der modernen Gliederung in Regierung, Parlament und Wählervolk<br />

morphologisch grundsätzlich vergleichbar, die unterschiedliche Gewichtung führte aber zum Pr<strong>im</strong>at der Volksversammlung,<br />

die ein gleichberechtigtes institutionalisiertes Nebeneinander ausschloss und zu einer Schwächung<br />

und unverhältnismäßiger Abhängigkeit aller Instanzen von der Ekklesia führte – dazu Dahlhe<strong>im</strong>, in: Die Antike:<br />

Griechenland und Rom von den Anfängen bis zur Expansion des Islams, S. 196/197.<br />

26 Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 204; Heuß, in: Propyläen Weltgeschichte Bd. 3, Die Klassische Zeit, S.<br />

272.<br />

27 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, S. 25 Rn 2.<br />

28 Heuß, in: Propyläen Weltgeschichte Bd. 4, S. 20.

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