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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

nur ein Rechtsschutzinteresse für einen zulässigen Antrag nachweisen muss 653 ,<br />

käme auch der Bundespräsident theoretisch als Antragsteller grundsätzlich in Frage.<br />

Das Bundesverfassungsgericht verlangt letztlich nur ein objektives Klarstellungsinteresse,<br />

das in der Regel schon durch die Meinungsverschiedenheiten oder<br />

Zweifel indiziert ist. 654 Die evidenten Verfassungszweifel des Bundespräsidenten<br />

stellen eben gerade dieses objektive Klarstellungsinteresse dar. Vom verfassungstheoretischen<br />

Ansatz her spricht folglich nichts gegen eine Erweiterung der Antragsteller<br />

um den Bundespräsidenten.<br />

Ob dies jedoch verfassungspolitisch wirklich ratsam ist, kann mit gutem Grund<br />

bezweifelt werden. Gerade weil der Bundespräsident aktiver Antragsteller sein<br />

müsste, der dezidiert seine Rechtsauffassung als Antragspartei der Abstrakten<br />

Normenkontrolle vor dem Verfassungsgericht darzulegen hätte, würde dies<br />

schnell den Beigeschmack einer politischen Kampagne bekommen, die der qua<br />

Verfassungsfunktion eigentlich unpolitische Bundespräsident gegen die amtierende<br />

Bundesregierung und die politische Mehrheit <strong>im</strong> Bundestag führen würde.<br />

Insbesondere in Zeiten, in denen der Bundespräsident seine ursprüngliche politische<br />

He<strong>im</strong>at bei der Opposition hat und von dieser womöglich sogar mittels<br />

Mehrheitsverhältnissen in der Bundesversammlung gewählt wurde, die derjenigen<br />

des aktuellen Bundestages nicht entspricht, käme der Vorwurf der politischen<br />

Parteilichkeit schnell auf. Der Bundespräsident würde schnell als verlängerter Arm<br />

der Opposition angesehen. Im Endeffekt wäre seinem Amt und seiner Stellung<br />

trotz sauberer Trennung der Kompetenzen <strong>im</strong> Vergleich zum jetzigen Zustand<br />

nicht geholfen. Überdies darf nicht der mittelbare Effekt verkannt werden, dass<br />

der Bundespräsident in den Augen weiter Teile der Bevölkerung einen Feldzug<br />

gegen die politische Klasse schlechthin führen würde. Dieser ‚Robin Hood-Effekt‛<br />

ist jedoch das Letzte, was unsere repräsentative Demokratie gebrauchen kann,<br />

zumal angeführt von einem demokratisch nur unzulänglich legit<strong>im</strong>ierten und lediglich<br />

marginal rückgekoppelten Organ wie dem Bundespräsidenten unter dem<br />

Reg<strong>im</strong>e des Grundgesetzes.<br />

Es erscheint die erstere der beiden Lösungen nicht nur über den größeren verfassungspolitischen<br />

Charme zu verfügen, sondern auch der D<strong>im</strong>ension des Zweifels<br />

am ehesten gerecht zu werden. Letztlich ist es sowieso das Bundesverfassungsgericht,<br />

welches über die Begründetheit des Verfassungsbedenkens entscheidet.<br />

Es ist daher nicht einzusehen, warum sich das Staatsoberhaupt schon <strong>im</strong> Vorfeld<br />

dieser Entscheidung verschleißen soll, wenn es einen verhältnismäßigeren<br />

Weg gibt. Da unser gesamtes Rechtssystem stets und ständig auf die Verhältnismäßigkeit<br />

ausgerichtet ist, sollte der verfassungsändernde Gesetzgeber dieses<br />

Prinzip auch bei der Einpassung bundespräsidialer Kompetenzen in den Gesamtzusammenhang<br />

des Grundgesetzes würdigen und <strong>im</strong> Sinne der ersten Neuformulierungslösung<br />

entscheiden.<br />

653 Maurer, Staatsrecht I, S. 698, §20, Rn 82.<br />

654 Vgl. BVerfGE 52, 63 (80); 88, 203 (334); 149, 257 ff.<br />

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