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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

halten gedachte und nichts die Annahme rechtfertigt, dass ihm <strong>im</strong> Rahmen der<br />

gesetzgebenden Gewalt eine Art Restposten verblieben ist. 630<br />

Es stellt sich mithin die Frage, welche schlüssigen Gründe es geben könnte,<br />

mit denen erklärbar wird, warum der Bundespräsident, der de facto nur noch Protokollaufgaben<br />

wahrnehmen soll und ohne die Zust<strong>im</strong>mung 631 der Bundesregierung<br />

keine aktiven Funktionen in der Staatsleitung wahrnehmen kann, am Ende<br />

des komplizierten Gesetzgebungsvorganges die Entscheidung der demokratisch<br />

legit<strong>im</strong>ierten Organe unterminieren darf. Sicherlich wird dem Bundespräsidenten<br />

<strong>im</strong> Grundgesetz auch die Funktion einer sog. ‚Legalitätsreserve‛ 632 zuerkannt.<br />

Wenn also alle Verfassungsorgane versagen, dann soll er als ‚Heilsbringer‛ die<br />

Situation retten können. 633 Betrachtet man sich jedoch, welche evident wichtigen<br />

Reservefunktionen dahinter stehen, wird schnell klar, dass diese Reserveaufgaben<br />

nicht als Begründung taugen, um eine monarchische Authentizitäts- und Übereinst<strong>im</strong>mungskontrolle,<br />

welche die Gesetzgebung als den wichtigsten Bereich des<br />

Parlamentarismus außer Kraft setzen kann, zu begründen. Um es überspitzt zusammen<br />

zu fassen: Diese Legalitätsreserverechte sind nichts anderes als eine Art<br />

Moderatorenrolle, welche dem Bundespräsidenten <strong>im</strong> Falle einer Regierungskrise<br />

zugewiesen wird. Der Bundespräsident versucht systemkonform das parlamentarische<br />

Regierungssystem zu entstören, die Räder der Parteiregierung, sollten sie<br />

einmal stecken geblieben sein, mit einem Min<strong>im</strong>um an Reibung wieder in Gang zu<br />

bringen. Er wird somit <strong>im</strong> Sinne eines helfenden Regulativs tätig, um das parlamentarische<br />

System funktionsfähig zu halten. 634 Betrachtet man die sich für den<br />

Bundespräsidenten daraus ergebenden Rechte jedoch genauer, wird deutlich, dass<br />

es in einer solchen politischen Krise nicht die Aufgabe des Präsidenten ist, selber<br />

in Form einer Legit<strong>im</strong>itätsreserve die Staatsleitungsvakanzen auszufüllen 635 . Vielmehr<br />

ist es pr<strong>im</strong>äres Ziel dieser vermeintlichen Legalitätsreservefunktion, be<strong>im</strong><br />

fundamentalen Scheitern parlamentarischer Mehrheitensuche, das Volk als ‚Entscheider‛<br />

ins Spiel zu bringen. Mithin handelt es sich um für den Zustand der<br />

Mehrheitsunfähigkeit geschaffene Rechte, die somit <strong>im</strong> verfassungsrechtlichen<br />

Notfall greifen würden.<br />

630 Ebenso Friauf, in: FS Carstens Bd. 2, S. 553.<br />

631 Hierbei sei insbesondere auf Art. 58 GG verwiesen.<br />

632 Kaltefleiter Werner, Die Funktionen des Staatsoberhauptes in der parlamentarischen Demokratie, Köln 1970,<br />

S. 33/48 ff.<br />

633 Werner Heun meint sogar, dass es insbesondere die Krise <strong>im</strong> Verhältnis des Kanzlers zum Parlament ist, die die<br />

Reservemacht des Präsidenten freisetzt. – Vgl. Heun, Die Stellung des Bundespräsidenten <strong>im</strong> Lichte der Vorgänge<br />

um die Auflösung des Bundestages, in: AöR, 109 (1984), 13 (16).<br />

634 Vgl. Schlaich, Die Funktion des Bundespräsidenten <strong>im</strong> Verfassungsgefüge (§49), in: HStR II, Rn. 58; m.w.N.<br />

von: Heun, Die Stellung des Bundespräsidenten <strong>im</strong> Lichte der Vorgänge um die Auflösung des Bundestages, in:<br />

AöR, 109 (1984), 13 (16); Toews, Verfassungsreform und Parlamentsauflösung, in: FS für Werner Weber, S. 274.<br />

635 Ebenso Schlaich, in: Die Funktion des Bundespräsidenten <strong>im</strong> Verfassungsgefüge (§49), in: HStR II, Rn. 58:<br />

„…Aber auch hier wird der Bundespräsident nicht zum ‚regierenden Präsidenten‛. Es tritt nicht wie unter der We<strong>im</strong>arer Verfassung<br />

an die Stelle des Parlamentarismus der Präsidentialismus, der den Reichspräsidenten in die Lage versetzte notfalls <strong>im</strong> Wege der<br />

Neben- oder Ersatzregierung selbst zu regieren. …“.<br />

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