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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

wird offenbar, das keinerlei Abwägung der klar hervorstechenden monarchischen<br />

Determination gegenüber dem avisierten Modell des Parlamentarismus stattfand.<br />

Obwohl den Müttern und Vätern des Grundgesetzes die konstitutionelle Herkunft<br />

des Prüfungsrechts keinesfalls unbekannt war, denn so gut wie alle Mitglieder der<br />

verfassunggebenden Versammlungen hatten sowohl <strong>im</strong> Kaiserreich als auch in der<br />

We<strong>im</strong>arer Republik gelebt, erkannten sie wohl offensichtlich nicht die ‚Reststrahlung‛,<br />

die von jener ‚monarchischen Kontamination‛ ausging. Aufgrund fehlender<br />

ausdrücklicher Äußerungen kann die Motivation für die diesbezügliche Nichtbefassung<br />

nur erahnt werden. Sie wird wohl auch darin zu finden sein, dass die Ausfertigungsverweigerungsmöglichkeit<br />

des Reichspräsidenten in der We<strong>im</strong>arer Republik<br />

als solche keinen offensichtlich wahrnehmbaren Schaden angerichtet hatte.<br />

Dem We<strong>im</strong>arer Präsidenten standen erweislich genügend andere Möglichkeiten<br />

zur Unterminierung der Parlamentsprärogative zur Verfügung. Es galt wohl zuvorderst<br />

diese, den Einsturz des We<strong>im</strong>arer Gebildes mitbedingenden Problembereiche<br />

zu beseitigen. Ein Großteil der Kapazitäten des Parlamentarischen Rates<br />

wurde für das Ansinnen verbraucht, eine Verfassung zu kreieren, welche Schutz<br />

vor einem erneuten Missbrauch bot, wie ihn das Deutsche Reich basierend auf<br />

den Möglichkeiten der WRV erfahren hatte. 623 Neben einer fehlenden demokratischen<br />

Grundfestigkeit in der Bevölkerung der jungen We<strong>im</strong>arer Republik und<br />

einer nur rud<strong>im</strong>entär vorhandenen, in Krisenzeiten nicht tragenden Parlamentstradition<br />

waren insbesondere die Rechte des Reichspräsidenten als die Ursachen<br />

ausgemacht worden, welche den Weg in die nationalsozialistische Diktatur mit<br />

ebneten.<br />

Das Grundgesetz als neu zu erschaffende demokratische Verfassung, musste<br />

zweierlei Ansprüchen genügen: Zum einen galt es die vermeintlichen Unzulänglichkeiten<br />

der Vorgängerverfassung auszumerzen und dabei aber gleichsam den<br />

politischen Vorgaben der Besatzungsmächte zu entsprechen. Das unproblematische<br />

Themenfeld der Ausfertigungsverweigerung stand da wohl offensichtlich<br />

nicht zuvorderst auf der Agenda. Es wurde mehr oder weniger als rechtloser Annex<br />

wahrgenommen, der keine wirklich gravierenden Auswirkungen auf die<br />

Normsetzung entfalten würde können. Zum anderen war es pr<strong>im</strong>äres Konstruktionsziel,<br />

zugunsten einer starken Regierung fast alle Kompetenzen des vormaligen<br />

Reichspräsidenten auf den Bundeskanzler übergehen zu lassen. Oberstes Pr<strong>im</strong>at<br />

war die Sicherung der Stabilität der parlamentsgeformten Regierung, wofür das<br />

Grundgesetz sogar um das verfassungsrechtliche Unikat des konstruktiven Misstrauensvotums<br />

erweitert wurde.<br />

Für den Bundespräsidenten war quasi nur die Übernahme der leeren Präsidentenhülle<br />

vorgesehen, wie sie nach der Entkernung des We<strong>im</strong>arer Reichspräsidenten<br />

übrig blieb. Überspitzt formuliert ging es bezüglich des Organs Bundespräsi-<br />

623 Die Ausrichtung des Parlamentarischen Rates darauf, die Demokratie des Grundgesetzes nicht auf ähnlich<br />

tönerne Füße zu stellen, wie die We<strong>im</strong>arer Verfassung, wird anschaulich nachgezeichnet bei: Fromme, Von der<br />

We<strong>im</strong>arer Verfassung zum Bonner Grundgesetz, S. 38 ff, 61 ff, 71 ff, 125 ff.

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