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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

zum „Wutschnauben“ der eigentlich zur Gesetzgebung Berufenen führen, denn es<br />

offenbart sich an dieser Stelle die ganze Unbilligkeit, die das Grundgesetz inkludiert,<br />

wenn es einer dem politischen Feedback enthobenen Instanz eine Kontrollkomponente<br />

gegenüber Bundesgesetzen zugesteht.<br />

bb. Bewertung und Lösungsansätze<br />

Das präsidentielle Ausfertigungsverweigerungsrecht in seiner vetorechtserzeugenden<br />

D<strong>im</strong>ension erscheint mithin als eine Art Fremdkörper <strong>im</strong> parlamentarischen<br />

System. Alle aufgeworfenen Fragestellungen weisen auf eine Systeminkongruenz<br />

hin. Diese Systeminhomogenität erwächst weniger aus dem Amt des Bundespräsidenten<br />

an sich, denn eine republikanisch konstruierte Verfassung benötigt ein<br />

solches Staatsorgan sogar denklogisch. Es ist vielmehr das präsidentielle Prüfungsveto,<br />

welches so gar nicht in eine Verfassung zu passen scheint, die, wenn<br />

man die Materialien des Parlamentarischen Rates zugrunde legt, eben gerade keine<br />

quas<strong>im</strong>onarchischen Muster aufweisen sollte. Gerade aber die Unterminierung des<br />

Gesetzgebungsergebnisses als einem vormals originären Recht des konstitutionellen<br />

Monarchen 620 wirft bei einer Zuordnung zum Bundespräsidenten Fragen auf.<br />

Für den unmittelbar gewählten Reichspräsidenten der We<strong>im</strong>arer Republik konnte<br />

man jene restmonarchischen Strukturen womöglich noch als systemkonform akzeptieren,<br />

da dieser bewusst als ‚Ersatzkaiser‛ 621 konzipiert wurde und es folglich<br />

nicht Wunder n<strong>im</strong>mt, wenn seine Kompetenzen als monarchische Nachfolgerechte<br />

erscheinen. Jene Idee eines Ersatzkaisers, an welchem sich das deutsche Volk<br />

nach der Revolution von 1918 orientieren können sollten, wurde aber gerade nach<br />

den Erfahrungen, die jene Positionierung gegenüber der Nationalrepräsentation<br />

hervorbrachte, bewusst nicht zur Zielstellung des Grundgesetzes gemacht. So gut<br />

wie alle aktiven Staatsleitungsfunktionen wurden, in ausdrücklicher Abkehr vom<br />

We<strong>im</strong>arer System, auf den parlamentsabhängigen Bundeskanzler umgeleitet. Die<br />

Zuweisung der Staatsrepräsentation zum Bundespräsidenten mag zwar tendenziell<br />

monarchische Vorbilder haben, monarchische Kompetenzen sollten damit aber<br />

ganz bewusst nicht verbunden sein.<br />

Es erweist sich m.E. als das Hauptproblem, dass der Parlamentarische Rat, aus<br />

welchem Grund auch <strong>im</strong>mer, offensichtlich nicht die notwendige Aufmerksamkeit<br />

für die Frage der Systemkonformität des Vetorechts aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG<br />

aufbrachte. Bei näherer Analyse von Art. 109 Herrenchiemseeentwurf (HChE) 622<br />

620 Schlaich spricht in diesem Zusammenhang von einer „…etwas gedankenlosen Übernahme der monarchischen Tradition<br />

des 19. Jahrhunderts. …“ – Vgl. Schlaich, Die Funktion des Bundespräsidenten <strong>im</strong> Verfassungsgefüge (§49), in:<br />

HStR II, Rn. 25.<br />

621 v. Beyme, Das präsidentielle Regierungssystem der Vereinigten Staaten in der Lehre der Herrschaftsformen, S.<br />

10: „…Eine Revolution hatte die Monarchie beseitigt, monarchische Gefühle und ein konstitutionell-dualistisches Verfassungsideal<br />

waren aber noch weit verbreitet. Auch in We<strong>im</strong>ar gab es 1919 viele ‚Republikaner wider Willen‛, nur wenige Deutschnationale […]<br />

betrieben relativ offen monarchische Propaganda. Die Suche nach dem ‚Ersatz-Kaiser‛ war aber nur bei wenigen von einem dolus<br />

eventualis zugunsten einer Restauration der Monarchie geleitet. …“.<br />

622 Vgl. JöR (1) 1951, S. 613 ff.; Nawiasky, Die Grundgedanken des Grundgesetzes, S. 105 ff.<br />

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