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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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206<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

meisten Verfassungsnormen haben historische Vorläufer. Es ist vielmehr der<br />

konkrete Hintergrund der Ausfertigungsrechte, der einige Fragen ob der seinerzeit<br />

mittelbar bezweckten Wirkungen aufwirft. Wenn die damaligen Motivlagen zur<br />

Einführung dieser Rechte für das Staatsoberhaupt <strong>im</strong> heutigen Grundgesetz nicht<br />

reflektiert würden, dann entfaltete das Prüfungsrecht seine Wirkungen in einer<br />

ihm fremden Verfassungskultur. Insofern stellt sich für das präsidentielle Vetorecht<br />

aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG die Frage nach der Systemkonformität und Systemeinpassung<br />

in die parlamentarisch geprägte Struktur des Grundgesetzes unserer<br />

Tage.<br />

Bei näherer Betrachtung der Vetoqualität des präsidentiellen Prüfungsrechts<br />

aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG fällt auf, dass es insbesondere die monarchischen Traditionslinien<br />

sind, die an dieser exekutiven Einspruchsmöglichkeit tiefe Spuren<br />

hinterlassen haben. Man kann sogar soweit gehen und sagen, dass neben einigen<br />

anderen Kompetenzen des Bundespräsidenten die vetorechtserzeugende Prüfungskompetenz<br />

eines der letzten Relikte dynastischer Vorprägung unseres Verfassungswesens<br />

darstellt.<br />

So beschreibt Lücke die Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten als den<br />

„…letzten Zipfel der einst in den Händen des Monarchen vereinten gesetzgebenden Gewalt…“.<br />

597 Friesenhahn 598 bezeichnet die Ausfertigung der Gesetze durch den Bundespräsidenten<br />

als „Relikt der konstitutionellen Monarchie“. Darauf, dass diese Sicht<br />

zumindest nicht sogleich von der Hand zu weisen ist, deutet hin, dass Art. 82 Abs.<br />

1 S. 1 GG seiner Grundfunktion nach der Norm des Art. 17 aus der Bismarckschen<br />

Reichsverfassung äußerst ähnlich ist mittels derer dem Kaiser in der<br />

Reichsverfassung von 1871 die Ausfertigungskompetenz und mithin das Prüfungsrecht<br />

zumindest in formellen Verfassungsfragen zugestanden wurde. Wenn<br />

man des Weiteren zugrunde legt, dass die fragliche Grundgesetznorm auf Art. 109<br />

Herrenchiemseeentwurf (HChE) zurückgeht und die entsprechenden Abläufe und<br />

Geschehnisse <strong>im</strong> Parlamentarischen Rat betrachtet, wird deutlich, dass die Mütter<br />

und Väter des Grundgesetzes <strong>im</strong> Vergleich z.B. zur Stellung des Bundeskanzlers<br />

zumindest nicht sonderlich viel Diskussionsenergie für den Art. 82 Abs. 1 S. 1<br />

GG aufgewendet haben. 599 Hieraus ließe sich der fast Schluss ziehen, dass die<br />

monarchische Prägung, jenes für das Grundgesetz übernommenen Ausfertigungsverweigerungsrechts,<br />

keine übermäßig kritische Würdigung erfahren hat. 600<br />

Der hier vorliegende Beitrag hat an den verschiedensten Stellen belegt, dass<br />

dem Prüfungsveto, wie es dem Bundespräsidenten heute zugestanden wird, eine<br />

grundsolide monarchisch-konstitutionelle Prägung nicht abgesprochen werden<br />

597 Lücke, in: Sachs (3. Auflage), GG, Art. 82, Rn 2.<br />

598 Friesenhahn, FS Leibholz, S. 682.<br />

599 Vgl. Darstellungen bei Fromme, Von der We<strong>im</strong>arer Verfassung zum Bonner Grundgesetz, S. 38 ff.<br />

600 Zu dieser Sichtweise kann man gelangen, wenn die entsprechenden Materialien der Verfassunggebung näher<br />

betrachtet werden: So z.B. in: JöR 1 (1951), S. 613-615; bestätigt wird diese Auffassung von Brenner, in: v.<br />

Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 82, Rn 6; Bauer, in: Dreier, Grundgesetz-<br />

Kommentar, Bd. 2, Art. 82, Rn 4.

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