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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

des Monarchen sollte es nunmehr der ‚Führer‛ sein, der der alleinige Gesetzgeber<br />

war und dessen Wille in jedem Gesetz verkörpert wurde. 591<br />

Schon für die Kaiserverfassung war die Sanktionsthese unbrauchbar, da sie für<br />

das konstitutionelle Staatsrecht der <strong>deutschen</strong> Länder entwickelt wurde, in denen<br />

der Landesfürst zentrale Gestalt der Normsetzung war. Für eine Anwendung auf<br />

den Kaiser, hätte dieser über die ungebrochene Reichsgesetzgebungsgewalt verfügen<br />

müssen. Dies war, wie oben herausgearbeitet, schon in der Verfassung von<br />

1871 nicht mehr der Fall. Dasselbe galt für die We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung, in<br />

welcher der Reichspräsident keinen materiellen Anteil mehr an der Gesetzgebungsgewalt<br />

des Reiches innehatte.<br />

Diese materiellen Partizipationsrechte fehlen auch dem <strong>deutschen</strong> Bundespräsidenten<br />

unter dem Pr<strong>im</strong>at des Grundgesetzes. Die Sanktionsthese macht jedoch<br />

nur bei fundamentalen Mitwirkungsrechten am Normsetzungsprozess, i.S.e. Zust<strong>im</strong>mungsverweigerungsmöglichkeit<br />

tatsächlich Sinn. Die Zeit des Nationalsozialismus,<br />

aus welcher E. R. Huber den Sanktionsgedanken in die Verfassungsinterpretation<br />

des Grundgesetzes gerettet zu haben scheint, wirkt hierfür wie ein Menetekel.<br />

Der ‚Führer‛ war letztlich der zentrale Aspekt des Gesetzgebungsprozesses;<br />

genau wie der Monarch <strong>im</strong> konstitutionellen Staatsrecht. Zur Verschleierung<br />

jener verfassungswidrigen ‚Gleichschaltung‛ wurden die anderen Staatsorgane des<br />

Dritten Reiches lediglich pro forma mit beteiligt. De facto galt jedoch das, was<br />

Mallmann wie folgt darstellte:<br />

„…Der Grundsatz, der die Gesetzgebung des nationalsozialistischen Staates beherrscht, steht<br />

schon heute fest: Gegen den Willen des Führers ist kein Gesetz möglich, mit seinem Willen ein<br />

jedes. Er ist der höchste Gesetzgeber des Deutschen Reichs. …“ 592<br />

Einmal die indiskutable inhumane D<strong>im</strong>ension des nationalsozialistischen Unrechtsreg<strong>im</strong>es<br />

ausgeklammert und die Frage allein auf die dem Gesetzgebungsverfahren<br />

zugrunde liegende Staatsstruktur herunterbrechend, desavouiert der Rückgriff<br />

auf die Systematik des ‚Führerstaates‛ den problematischen Grundumstand<br />

der Sanktionsthese. Es wird offenbar, dass allein in <strong>Verfassungssystem</strong>en, welche<br />

einen absoluten oder zumindest zentralen Zuschnitt der Staatsgewalt auf ein<br />

Hauptorgan aufweisen, zu welchem die anderen Organe nur mehr oder weniger<br />

Komplettierungscharakter haben, die Sanktion einen brauchbaren Hintergrund<br />

und Endpunkt der Gesetzgebung darstellen kann.<br />

Wenn jedoch eine Verfassung wie das Grundgesetz diese endgültige Beschlusskompetenz<br />

der Nationalrepräsentation zuschreibt und keiner weitergehenden<br />

Instanz, dann kann man möglicherweise an der Idee der Sanktion an sich<br />

festhalten, aber eine Zuordnung be<strong>im</strong> Bundespräsidenten oder irgendeiner anderen<br />

Institution außerhalb der Sphäre des Deutschen Bundestages wäre systema-<br />

591 Vgl. Pieroth, Die Sanktion <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren, in: Der Staat (16) 1977, S. 567.<br />

592 Vgl. Mallmann, Die Sanktion <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren, S. 235.<br />

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