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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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202<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

enthielt. In Anbetracht dessen, handelt es sich be<strong>im</strong> Prüfrecht tatsächlich um eine<br />

Kompetenz, die gewissermaßen deutscher Verfassungstradition entspringt. Problematischer<br />

Weise gehörte es auch stetig zu den Phänomenen dieser <strong>deutschen</strong><br />

Verfassungstradition, bei Fragen der Gesetzgebung den Sanktionsgedanken ins<br />

Spiel zu bringen. Das Bundesverfassungsgericht hat m. E. mit seiner diesbezüglich<br />

fast waghalsigen Formulierung vom „integrierenden Bestandteil der Gesetzgebung“<br />

die Tore zu einem solchen Ansatz jedenfalls weit aufgestoßen.<br />

Es mag ja sein, dass diese riskanten Ausführungen kein willentlicher Akt des<br />

Verfassungsgerichts waren, sondern eher dem Ziel entsprangen, dem ansonsten<br />

allein auf seine Rolle des Integrations- und Protokollsymbols reduzierten Bundespräsidenten<br />

eine höhere Funktion zuzuweisen, realiter wurde jedoch hierdurch der<br />

Boden bereitet, um auch für das Grundgesetz die Sanktionsthese auferstehen zu<br />

lassen. Die faktische Folge, dass ein vom Bundespräsidenten nicht ausgefertigtes<br />

Gesetz zunächst einmal keine Rechtswirkung erlangen kann, weist bei entsprechender<br />

Gedankenintendierung problemlos in die Richtung eines Sanktionsrechts.<br />

Gerade unter dem Aspekt der Bejahung eines bundespräsidialen Vetorechts aus<br />

Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG gilt es umso mehr einer solchen Sichtweise von vornherein<br />

entgegen zu treten, wobei es sich bei diesem Gedankenkonstrukt eben nicht nur<br />

um eine Problemfiktion handelt, sondern die bei Friesenhahn, Friauf und E. R. Huber<br />

zu findenden Ansätze einer entsprechenden Argumentation manifeste Schützenhilfe<br />

gewähren würden.<br />

Für den hier propagierten prophylaktischen Ansatz stellt sich die Frage, was<br />

einer solchen Sichtweise entgegen gesetzt werden könnte: Meines Erachtens sollte<br />

bei der Themenbetrachtung von E. R. Huber angesetzt werden, der in seinen bis in<br />

die heutige Zeit wegweisenden Werken zur Verfassungshistorie als der Hauptprotagonist<br />

der Vetorechtsgewinnung aus der Sanktionsthese angesehen werden<br />

kann. Letztlich kann diese Ansicht desavouiert werden, in dem man ihm seine<br />

Thesen zum Sanktionsthema in der Zeit des Nationalsozialismus entgegenhält.<br />

Alles, was man gegen den Sanktionsansatz als Gegenargumentation aufbieten<br />

kann, ‚gerinnt‛ in der Sichtweise E. R. Hubers 590 zum Sanktionsansatz <strong>im</strong> Dritten<br />

Reich. Nach E. R. Huber sollte „die Sanktion, der verbindliche Gesetzesbefehl“ <strong>im</strong> Dritten<br />

Reich sein und „wieder einen besonderen Sinn erhalten. Die Anordnung, daß der innerhalb<br />

der Reichsregierung oder durch Reichstagsbeschluß oder durch Volksabst<strong>im</strong>mung festgestellte<br />

Gesetzesinhalt verbindliches Recht ist, geht vom Führer aus.“<br />

Wenn das denn die tatsächliche Auffassung von E. R. Huber gewesen sein sollte,<br />

der das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach dem II. Weltkrieg<br />

maßgeblich prägte und unser Geschichtsbild durch seine rechtshistorische<br />

Reihe „Deutsche Verfassungsgeschichte“ bis heute formt, kann diesbezüglich<br />

eines festgestellt werden: Mit der Gleichsetzung von ‚Führerprinzip‛ und Sanktion<br />

ist E. R. Huber zurück gekehrt zu deren monarchischen Ausgangspunkt – Anstelle<br />

590 Huber, Verfassungsrecht des groß<strong>deutschen</strong> Reiches, S. 238; ders. Verfassung, S. 124.

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