22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

196<br />

D. Vetos <strong>im</strong> aktuellen <strong>deutschen</strong> <strong>Verfassungssystem</strong><br />

riell-inhaltlichen Hinterfragung mehrfach ausdrücklich Erwähnung finden lässt<br />

und einer entsprechenden Bejahung wohl auch zuzuneigen scheint, weist das<br />

Schrifttum 580 einen Streit beachtenswerten Ausmaßes zu diesem Thema auf. 581 So<br />

umstritten das Themenfeld auch sein mag, so zeigt sich doch bei näherer und<br />

differenzierter Betrachtung, dass es oftmals nur der unterschiedliche Ansatz ist,<br />

der zur Kontroverse führt und nicht das Ergebnis. 582 Für die hier zu definierende<br />

Forschungsfrage der exekutiven <strong>Vetorechte</strong> bedeutet die von der herrschenden<br />

Auffassung mit gutem Grund angenommen Ausdehnung des präsidentiellen Prüfungsrechtes<br />

auf Fragen des materiellen Verfassungsrechts eine manifeste Erweiterung<br />

der Vetod<strong>im</strong>ension des Einspruchs aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG. Von einer<br />

Mehrzahl der Verfassungsrechtler wird ein über das formelle Prüfrecht hinausgehendes<br />

Prüfausmaß, zumindest bei schwerwiegenden und offensichtlichen Verletzungen<br />

des Grundgesetzes, angenommen.<br />

bb. Vetocharakteristika<br />

Wenn man mit der überwiegenden Auffassung von einem sowohl formellen als<br />

auch materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG<br />

ausgeht, erweist sich das Einsatzfeld eines derartigen Vetorechts als umfangreich.<br />

Es handelt sich zwar, wie bei den Vorgängernormen aus Kaiserverfassung und<br />

WRV um ein Vetorecht, welches nicht <strong>im</strong> absoluten Belieben des Staatsoberhauptes<br />

steht, sondern nur unter entsprechender Begründung zum Einsatz kommen<br />

kann. Der allein akzeptierte Themenumfang beschränkt sich auf vermeintliche<br />

Verstöße gegen das Grundgesetz. Dennoch suspendiert der Einspruch gemäß Art.<br />

82 Abs. 1 S. 1 GG den Gesetzgebungsbeschluss des zur Normsetzung vorgesehe-<br />

580 Eindeutige Bejahung einer materiellen Prüfungskompetenz lässt sich finden bei: Herzog, Bundespräsident und<br />

Bundesverfassungsgericht, in: FS Carstens Bd. 2, S. 601 ff; Nierhaus, Nochmals: Das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten<br />

bei der Ausfertigung von Bundesgesetzen, in: FS Friauf S. 233 ff; ders. Entscheidung, Präsidialakt<br />

und Gegenzeichnung, S. 91 ff; Lehngut, Verweigerung der Ausfertigung von Gesetzen durch den Bundespräsidenten<br />

und das weitere Verfahren, in: DÖV 1992, 439 (442 ff).<br />

Hingegen eindeutig verneint wird das materielle Prüfungsrecht bei: Lücke, in: Sachs, GG, Art. 82, Rn 3; Friauf, in:<br />

FS Carstens Bd. 2, S. 545 ff; Friesenhahn, in: FS Leibholz Bd. 2, S. 679; Bryde, in: v. Münch Grundgesetz Kommentar,<br />

Art. 82, Rn 6.<br />

581 Einen umfassenden Überblick über den Argumentationsverlauf bieten insb.: Mewing, Die Prüfungskompetenz<br />

des Bundespräsidenten bei der Gesetzesausfertigung, insbesondere be<strong>im</strong> teilnichtigen Gesetz, S. 18 ff; W.<br />

M. Pohl, Die Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten bei der Ausfertigung von Gesetzen, S 125 ff; Brenner,<br />

in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 82, Rn 25 ff; Stern, Staatsrecht II, S. 231 ff;<br />

insbesondere zu den politischen Rahmenbedingungen des Wandels der Verfassungsinterpretation – Maurer, in:<br />

Bonner Kommentar, Art. 82, Rn 31 ff.<br />

582 So verweist Maurer, in: Bonner Kommentar, Art. 82, Rn 29 darauf, dass sich der Streitstand mittlerweile auf<br />

die Zuspitzung festlegen lässt, dass die materielle Prüfungskompetenz mit erheblichem argumentativen Aufwand<br />

bejaht wird, um sie dann auf offensichtliche und schwerwiegende Verfassungsverletzungen zu begrenzen. Aber<br />

auch die umgekehrte Herangehensweise sei zu beobachten. Das Prüfrecht wird dabei nämlich zunächst verneint,<br />

um es dann doch für evidente Verfassungsverletzungen zu zulassen.<br />

So i. E. auch Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Bd. 3, Art. 82, Rn 27: „…dass das<br />

materielle Prüfungsrecht des Bundespräsidenten nur in Fällen schwerer und offensichtlicher materieller Verfassungsverstöße anzuerkennen<br />

ist. Der Grund für diese Beschränkung ist darin zu sehen, dass für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen<br />

und deren Verwerfung vom Grundgesetz vorrangig das Bundesverfassungsgericht für zuständig erklärt worden ist. …“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!