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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

Norm erst durch die ordnungsgemäße Verkündung rechtlich existent wird, was<br />

bei Verkündungsverweigerung dem Ergebnis eines Einspruchs gleichkommt.<br />

Damit erfüllt der Bundespräsident mit seinem Recht aus Art. 82 Abs. 1 S. 1<br />

GG die Hauptvoraussetzungen aus der historisch hergeleiteten Vetodefinition.<br />

Wenn also der Bundespräsident sich stützend auf das Ausfertigungsverweigerungsrecht<br />

ein Gesetz, das der Bundestag <strong>im</strong> Rahmen des verfassungsmäßig vorgesehenen<br />

Normsetzungsverfahrens beschlossen hat, nicht ausfertigt und verkündet,<br />

dann tut er dieses mittels eines autarken 565 Einspruchs aus vom Gesetzgebungsverfahren<br />

gesehen externer Position als exekutives Organ in Form der Negierung<br />

und nicht der Teilnahme. Im Sinne der hier vertretenen Vetodefinition<br />

stellt das aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG fließende Prüfrecht mithin rein technisch und<br />

abstrakt betrachtet, genau wie die Vorläuferrechte der Bismarckschen Kaiserverfassung<br />

und der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung, ein Vetorecht dar.<br />

c. Qualitative Vetobewertung<br />

Obgleich es bei den rechtsgeschichtlichen Vetobetrachtungen genügte, die Klassifikation<br />

in der historischen Nachschau zu rezipieren, muss eine diesbezügliche<br />

Begutachtung der Verfassungsverhältnisse unserer Tage ein Stück weit darüber<br />

hinausgehen. Für eine gewinnbringende Einordnung und Klassifikation vermeintlicher<br />

<strong>Vetorechte</strong> kann es nicht hinreichen, allein die strukturelle Vetotauglichkeit<br />

zu bejahen. Die in dieser Arbeit herauspräparierten rechtshistorischen D<strong>im</strong>ensionen<br />

ermöglichen es vielmehr, über die technisch-funktionale Würdigung hinaus zu<br />

gehen und das präsidiale Recht zur Ausfertigungsverweigerung einer qualitativen<br />

Vetobewertung zu unterziehen.<br />

Eine solche wurde bis hierher bewusst ausgeklammert, um einen Rahmen zu<br />

schaffen, in welchem nunmehr beleuchtet werden kann, inwieweit ein ‚qualitatives<br />

Mehr‛ in jenem Einspruchsrecht zu finden ist. Dieses inhaltliche Hinterfragen<br />

bietet sich, insbesondere bei dem vermeintlichen Vetorecht des Staatsoberhauptes,<br />

am Ende des Gesetzgebungsprozesses an, da erkennbar ist, dass in der Vergangenheit<br />

hinter der faktische Möglichkeit zum Einspruch <strong>im</strong>mer auch ein weiterreichendes<br />

momentum zu finden war. Alle Verfassungen, welche eine Vetod<strong>im</strong>ension<br />

aufwiesen, bezweckten mit der Zuordnung jenes Rechtes be<strong>im</strong> exekutiven<br />

Staatsoberhaupt ein über den Wortlaut und die Struktur hinausgehendes Ziel. Es<br />

565 Für den Bundespräsidenten ergibt sich aus der Systematik des Grundgesetzes eine sogar noch wesentlich<br />

autarkere Stellung bezüglich der Ausfertigungsverweigerung, als diese dem We<strong>im</strong>arer Reichspräsidenten zuzugestehen<br />

war. Für den Präsidenten der We<strong>im</strong>arer Republik galt es zu diskutieren, inwieweit seine Aktionen einer<br />

Gegenzeichnung durch die Reichsregierung gemäß Art. 50 WRV bedurften. (Vgl. Kapitel B.III.2.a.cc.bbb.). Diese<br />

Frage stellt sich für die Gegenzeichnung gemäß Art. 58 GG nicht in gleichem Maße, da dem Bundespräsidenten<br />

in keinster Weise ein vergleichbar großes politisches Ermessen bezüglich seiner Kompetenzen zugestanden wird,<br />

wie dies be<strong>im</strong> We<strong>im</strong>arer Präsidenten der Fall war. Nach herrschender Auffassung bedingt die Ausfertigungsverweigerung<br />

nach Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG daher keine Gegenzeichnung seitens der Bundesregierung. Vgl. dazu R.<br />

Herzog, Entscheidung und Gegenzeichnung, in: FS Gebhard Müller, S. 124 ff.<br />

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