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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Vetoansatzpunkte <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

nicht Aufgabe dieser Arbeit eine allgemeingültige Bewertung dieser Infragestellung<br />

der Präsidentennotwendigkeit vorzunehmen, vielmehr ist die Reduzierung der<br />

Betrachtungen auf die Vetorechtsperspektive angezeigt. Gerade die Vetofrage<br />

könnte aber ein Ansatzpunkt sein, der Denkweise Isensees entgegentreten zu<br />

können. Würde nämlich das Grundgesetz dem Bundespräsidenten ein starkes<br />

exekutives Vetorecht in Gesetzgebungsfragen zu weisen, wäre die Schwarzmalerei<br />

Isensees zumindest ein Stück relativierbar.<br />

Die Frage nach einer Wiederkehr des Präsidentenvetos erscheint jedoch fernerhin<br />

noch aus einem zweiten Aspekt heraus sinnvoll, näher zu beleuchten. Nach<br />

der Überwindung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mit ihrem<br />

rechtsstaats- und demokratievernichtenden Verfassungsverständnis kann das<br />

Grundgesetz als das unmittelbare, der We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung nachfolgende,<br />

Verfassungsstatut auf deutschem Boden angesehen werden. Es stellt sich infolgedessen<br />

als interessante Forschungsfrage dar, ob womöglich eine Fortsetzung der<br />

We<strong>im</strong>arer Tradition des starken Präsidentenvetos zu verzeichnen ist. Die oben<br />

ausgearbeiteten Erkenntnisse um die Stellung des Reichspräsidenten in der Verfassung<br />

vom 11. August 1919 erweisen sich an dieser Stelle nicht nur <strong>im</strong> Bezug<br />

auf die geschichtliche Bedeutung der <strong>Vetorechte</strong> als nützlich, sondern bieten mithin<br />

auch einen profunden Vergleichsansatz.<br />

a. Einordnung der Organstellung<br />

Die Ausführungen von Isensee deuten an, dass die Stellung des Bundespräsidenten<br />

nicht <strong>im</strong> Ansatz mit der des Reichspräsidenten der We<strong>im</strong>arer Republik zu vergleichen<br />

ist. Dieser Eindruck verstärkt sich nicht nur allein bei der Exegese des<br />

grundgesetzlichen Verfassungstextes, sondern schon die Untersuchungen zur<br />

Arbeit des Parlamentarischen Rates zur Verfassunggebung des Grundgesetzes<br />

weisen ganz bewusst und ausdrücklich in diese Richtung. Nach dem Willen des<br />

Herrenchiemseekonvents sollte der Bundespräsident eine schwache Stellung haben<br />

und sich vom We<strong>im</strong>arer Präsidenten dadurch unterscheiden, dass er nicht<br />

vom Volk gewählt, ihm kein best<strong>im</strong>mender Einfluss auf die Regierungsbildung<br />

eingeräumt werden würde, seine Auflösungsrechte gegenüber dem Parlament auf<br />

das Äußerste zusammengestrichen würden und ihm keinerlei Notverordnungsrechte<br />

(Art. 81 GG wurde erst 1968 i. R. d. Notstandsgesetzgebung eingeführt)<br />

zustehen sollten. 542<br />

Die Rechtsgrundlagen für das Amt des Bundespräsidenten, welche anhand dieser<br />

Vorgaben geschaffen wurden, finden sich in den Artikeln 54 bis 61 des<br />

Grundgesetzes und somit in dessen V. Abschnitt. Jene Normen enthalten vor<br />

allem Vorschriften für die Besetzung des Amtes des Bundespräsidenten sowie<br />

542 Vgl. v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 361; basierend auf: Bericht über den<br />

Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, 6. Kapitel, S. 41 ff.<br />

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