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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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A. Einleitung<br />

<strong>Verfassungssystem</strong> auch darum gehen müssen, herauszuarbeiten, auf welchem<br />

Boden diese <strong>Vetorechte</strong> gediehen. Trotz dieser somit vorangekündigten historischen<br />

‚Wurzelbehandlung‛ kann schon jetzt in Aussicht gestellt werden, dass <strong>Vetorechte</strong><br />

zwar eine lange Verfassungstradition aufweisen, sie deshalb jedoch noch<br />

lange kein ‚totes‛ Verfassungsrecht darstellen.<br />

Eine Befassung mit <strong>Vetorechte</strong>n macht es zudem erforderlich, über die D<strong>im</strong>ension<br />

des Rechtshistorischen und die D<strong>im</strong>ension der verfassungsrechtlichen Einordnung<br />

hinaus, noch eine weitere Ebene zu beleuchten, ohne welche die Begutachtung<br />

<strong>im</strong> kontextlosen Raum ohne Bezug zur Einsatzrealität stehen würde. Gerade<br />

die Forschung <strong>im</strong> Bereich der <strong>Vetorechte</strong> verlangt danach, einer der Rechtswissenschaft<br />

– in vielen Fällen womöglich zu Recht – latent innewohnenden Tendenz<br />

zur Entpolitisierung entgegenzutreten. Weder kann es gelingen <strong>Vetorechte</strong> richtig<br />

einzuordnen noch wird es möglich sein, ihre wirkliche Bedeutung <strong>im</strong> Ganzen zu<br />

erfassen, wenn man sie ihrer politischen D<strong>im</strong>ension entkleidet auf ein staatsorganschaftliches<br />

Recht reduziert betrachtete. Denn <strong>im</strong> Rahmen der Vetoanwendung<br />

werden die Grenzen zwischen Verfassungsrecht und Verfassungspolitik fließend.<br />

In dieser Konstellation kristallisiert das Schmiermittel des Verfassungsalltags –<br />

nämlich das Politische – aus. Eine Befassung mit den <strong>Vetorechte</strong>n gebietet es<br />

geradezu die Scheu davor abzulegen, diese andere Seite der verfassungsrechtlichen<br />

Medaille zu würdigen und dadurch erlangte Erkenntnisse seinen Analysen zugrunde<br />

zu legen.<br />

Das Suppr<strong>im</strong>ieren des Politischen aber auch und gerade des Parteipolitischen<br />

würde <strong>im</strong> Bereich der Vetorechtsforschung zumindest Unvollständigkeit zur Folge<br />

haben. Denn die juristische Figur des Vetorechts ist nicht nur exekutives Instrument<br />

mit Verfassungsrang, sondern über die Sphäre des Politischen erlangt sie<br />

Relevanz für über das verfassungsrechtliche hinausgehende, staatswissenschaftliche<br />

Betrachtungshorizonte. Gerade dieser zu verfolgende staatswissenschaftliche<br />

Ansatz macht deutlich, das Erörterungen der <strong>Vetorechte</strong> ohne politische Hintergrundbetrachtung<br />

nicht mehr als die legendäre ‚Dame ohne Unterleib‛ wären.<br />

Denn <strong>Vetorechte</strong> beinhalten sowohl Aspekte des Themenkreises ‚Politischer Führung‛<br />

9 als auch des ‚Regierens‛ 10 als genuines aliud zur Verwaltung, somit also<br />

exemplarisch staatswissenschaftliche Fragestellungen.<br />

9 Umfänglich zur politologischen D<strong>im</strong>ension des Themenkreises: Helms, „Politische Führung“ als politikwissenschaftliches<br />

Problem, in: Politische Vierteljahresschrift, 41. Jg. (2000), Heft 3, S. 411 ff.<br />

10 An dieser Stelle soll zur näheren Verdeutlichung des Spektrums ‚Regieren als genuines Staatshandeln‛ zunächst<br />

ein Blick in die Arbeiten zur Entstehung des Grundgesetzes auf der Siebenten Sitzung des Kombinierten Ausschusses<br />

vom 29. Sept. 1948 genügen. – Vgl. Der Parlamentarische Rat, Band 13 Teilband 1 S. 209: „Dr. Schmid:<br />

[…] ‚Le roi régne, mais ne gouverne pa. Le gouvernement gouverne, mais n‛administre pas. L‛administration adminstre, mais ne<br />

gouverne pas‛ (Der König herrscht, aber regiert nicht). Wir haben das Regieren in Deutschland zu oft als eine Elongatur des<br />

Administrierens gesehen, während es in Wirklichkeit eine Tätigkeit auf ganz anderer Ebene ist. Der Verwaltung sind Ort und Zeit<br />

sowie Ziel und Mittel vorgegeben. Das charakterisiert sie. Der Mann, der regiert, ist aber der, der der Verwaltung diese Dinge<br />

vorgibt, und das geschieht nach sehr besonderen Kriterien und erfordert völlig andere Qualitäten…“.

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